Klin Monbl Augenheilkd 2008; 225(3): 192-193
DOI: 10.1055/s-2008-1027277
Editorial

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Prof. Dr. Horst Laqua zum 65. Geburtstag - Der Blick für das Wesentliche

Prof. Dr. Horst Laqua for his 65th Birthday - The View for the EssenceM. Müller1 , H. Hoerauf1 , G. Geerling1
  • 1Klinik für Augenheilkunde Universität zu Lübeck
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Publication Date:
20 March 2008 (online)

Am 31.3.2008 beendet Prof. Dr. med. Horst Laqua, Direktor der Lübecker Universitätsaugenklinik, seine berufliche Laufbahn. Er hat die Retinologie und uns durch sein Vorbild als Kliniker, Lehrer und Mensch nachdrücklich geprägt und gefördert.

Geboren 1943 in Breslau, aufgewachsen in Hannover, studierte er zunächst in Heidelberg, Wien und Innsbruck, bevor er in Göttingen das medizinische Staatsexamen und seine Promotion abschloss. Ebenfalls in Göttingen erhielt er unter Prof. Hallermann 1970 bis 1972 seine ophthalmologische Facharztausbildung. Hier faszinierte ihn interessanterweise zunächst der vordere Augenabschnitt und insbesondere die Hornhaut. Von dort folgte er jedoch 1973 Prof. Robert Machemer für ein Netzhaut-Fellowship an das aufstrebende Bascom Palmer Institute. Er nahm hier hautnah an der Entwicklung der Pars-Plana-Vitrektomie teil, beschäftigte sich mit der experimentellen Erzeugung der komplizierten Netzhautablösung an Affen und schrieb wegweisende und immer noch zitierte Grundlagenarbeiten zur proliferativen Vitreoretinopathie. Damals muss Prof. Laqua - wie er selbst berichtet - mit der „Netzhaut zu sprechen” begonnen haben. Diesen Dialog setzte er als Oberarzt an der Universitätsaugenklinik Tübingen fort, wo er zum Thema des zellulären Ursprungs und der klinischen Bedeutung intraokularer Membranen bei experimenteller Netzhautablösung 1978 habilitierte. In Tübingen baute er als junger Oberarzt, frisch aus den USA zurückgekehrt, die Netzhaut-Glaskörperchirurgie aus. 1979 wechselte er zu Prof. Meyer-Schwickerath an die Universitätsaugenklinik Essen, von wo er 1984 als Nachfolger von Prof. Hans-Felix Piper auf das Ordinariat an der Medizinischen Universität zu Lübeck berufen wurde.

Unter ihm wurde die Klinik nicht nur systematisch auf das neue, expandierende Versorgungsgebiet vitreoretinaler Erkrankungen ausgerichtet, sondern auch innerhalb der bestehenden Möglichkeiten zu einem Schmuckstück des Campus saniert und ausgebaut. Lübeck war für lange Zeit die einzige vitreoretinale Schwerpunktklinik in Norddeutschland. Obwohl er - im Vollbesitz seiner vis vitalis - das Fehlen eines Aufzugs in der eingeschossigen Klinik bedauerte, lehnte er 1989 einen Ruf an die Freie Universität Berlin ab.

1990 wurde er wissenschaftlicher Direktor des Medizinischen Laserzentrums Lübeck (MLL) und intensivierte damit nicht nur dessen Kooperationen mit der Augenklinik, sondern war auch maßgeblich an der Schaffung eines Lehrstuhls für dieses Institut und der Berufung von Prof. Reginald Birngruber als seinem Nachfolger an das MLL beteiligt. 1996 bis 1998 war er Dekan der medizinischen Fakultät und förderte in dieser Funktion nachhaltig die Entwicklung eines medizintechnischen Forschungsschwerpunktes an der Universität zu Lübeck.

Neben seinen eigenen Arbeiten zur Pathogenese und chirurgischen Therapie der proliferativen Vitreoretinopathie einschließlich der Silikonöl-Chirurgie mit Klaus Lucke, Silvia Bopp und El-Sayed El-Hifnawi förderte er gemeinsam mit Reginald Birngruber maßgeblich die Entwicklung der Photodynamischen Therapie mit Ursula Schmidt-Erfurth, der selektiven RPE-Koagulation mit Johann Roider sowie die Entwicklung der Optischen Kohärenztomographie für den vorderen Augenabschnitt. Über 320 Publikationen, 8 Habilitationen in Lübeck, 4 Habilitationen ‚elsewhere’ und 3 Ordinariate gingen unter seiner Führung aus der - wie der Jubilar selbst tituliert - „kleinen Schleswig-Holsteinischen Land-Augenklinik” hervor. Im Jahr 2006 wurde er auf der DOG mit der Custodis-Lecture zur Therapie der Netzhautablösung geehrt.

Viele der visionären, wissenschaftlichen Projekte ergaben sich auf der Grundlage seines profunden pathophysiologischen Verständnisses und der steten Suche nach einer Verbesserung der therapeutischen Möglichkeiten. Entsprechend war er nicht nur äußerst innovativ und unkonventionell im Denken, sondern hatte immer auch pragmatisch die Vorteile für den Patienten im Blick. Nicht zuletzt deshalb, sondern auch wegen seiner hohen Ansprüche an die Qualität der chirurgischen Versorgung, galt Horst Laqua als einer der herausragenden Ophthalmochirurgen Deutschlands und erfreute sich eines weit überregionalen Einzugsgebietes. Therapeutischen und chirurgischen Innovationen gegenüber war er selbst immer offen, sowohl am vorderen als auch am hinteren Augenabschnitt. Die Messlatte lag für alle Mitarbeiter entsprechend hoch. Er verstand es, das Potenzial jedes Einzelnen zu erkennen und durch treffende Kommentare wie: „Sollten Sie nicht besser eine Frittenbude aufmachen?” und: „Das haben vor Ihnen alle anderen auch gekonnt!” zu motivieren und maximal für die Klinik zu nutzen. Unvergessen sind seine Ablatio-Regeln, u. a. „Wo ein Loch ist, ist auch ein Zweites” oder „Die Cerclage gehört auf den Äquator”. Eine weitere, prägnante Redewendung mit der er komplexe Vorgänge auf das Wesentliche reduzieren konnte, war z. B.: „Gucken, Denken, Machen - und zwar in dieser Reihenfolge”. Seine Unterstützung bestand jedoch auch darin, auf seine Mitarbeiter sowohl Verantwortung zu delegieren als ihnen auch in der Ausführung der übertragenen Aufgaben größtmögliche Freiheit einzuräumen.

Ein Merkmal wird Prof. Dr. Horst Laqua allseits zugeschrieben: Der arbeitseffiziente Blick für das Wesentliche. Die Interpretation dieser Zuweisung mag unterschiedlich ausfallen. Früheren Kollegen gegenüber verschaffte er sich durch sein stringentes Zeitmanagement einen Vorsprung. Späte Wegbegleiter konnten als Schüler hiervon enorm profitieren. Zahlreiche dieser ehemaligen und gegenwärtigen Mitarbeiter der Lübecker Augenklinik, die in ihm einen Lehrer von bestechender Klarheit und zielgerichteter Struktur fanden, haben eine Vielzahl von Beiträgen geliefert. Diese sprengen den Rahmen einer Ausgabe, so dass zwei Widmungshefte entstanden sind. Wir danken allen Beteiligten hierfür herzlich. Ihre Titel spiegeln die Interessen und das wissenschaftliche Wirken von Horst Laqua wider und zeigen dabei, dass diese weit über „Zwiegespräche mit der Netzhaut” hinausgehen.

In diesen beiden Heften erscheinen zwei Übersichten zu Laseranwendungen, die die jahrzehntelange, erfolgreiche Kooperation mit dem Medizinischen Laserzentrum Lübeck, heute Institut für Biomedizinische Optik, dokumentieren. Diese beschreiben die Grundlagen und Anwendung der Lasertherapie am Augenhintergrund sowie die Optische Kohärenztomographie am vorderen Augenabschnitt beim Glaukom. Als Beispiel für einen weiteren wissenschaftlichen Schwerpunkt der Lübecker Universitätsaugenklinik, der sich über Jahre mit Erkrankungen der Hornhaut beschäftigte, werden aktuelle Behandlungsstrategien von Augenoberflächenerkrankungen dargestellt. Das funktionelle Zusammenspiel von Hornhaut und Netzhaut wird auch in einem Beitrag über den Einfluss intraokularer Eingriffe auf die Hydratation der Hornhaut klar. Dennoch standen und stehen retinologische Themen von der Therapie der Ablatio über die Chirurgie des Makulaforamens bis hin zur antiangiogenen Therapie bei der altersabhängigen Makuladegeneration im Fokus dieses Herrn Prof. Horst Laqua gewidmeten Heftes. Dass Silikonöl allerdings bereits vor Horst Laqua und der Vitrektomie-Ära intraokular verwendet wurde, belegt die Kasuistik einer 40-jährigen Silikonöltamponade.

Der Blick für das Wesentliche hält nicht zuletzt auch demütig. Horst Laqua hat sich daher sowohl die Freude an der eigenen Familie als auch das eigene Protoplasma, wie er es immer so schön formulierte, bestens erhalten. Da er es schon immer verstand, das Interesse für Dinge auch außerhalb der Augenheilkunde lebendig zu halten, darf davon ausgegangen werden, dass auch hier wieder eine Erfolg versprechende Karriere als „Lochsucher” (Golfer), Bonsai-Baum-Züchter und Hobby-Archäologe begonnen hat.

Wir gratulieren zum Geburtstag, danken ihm für die Jahre der förderlichen Zusammenarbeit und wünschen für die Zukunft weiterhin das Beste und viel Schwung.

Maya MüllerHans HoeraufGerd Geerling

Wir danken den Herausgebern der Klinischen Monatsblätter für Augenheilkunde für die Möglichkeit dieses Heft gestalten zu können.

Prof. Dr. Horst Laqua: „Gucken - Denken - Machen”

PD Dr. Maya Müller

Klinik für Augenheilkunde Universität zu Lübeck

Ratzeburger Allee 160

23538 Lübeck

Email: mayamueller@gmx.de

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