Aktuelle Dermatologie 2008; 34(3): 93-97
DOI: 10.1055/s-2007-995597
Tagungsbericht

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Haut in Lebensphasen

9. Jahrestagung der Südostdeutschen DermatologenSkin Over Periods of Life9th Annual Meeting of the Southeast German DermatologistsR.  A.  Herbst1 , K.-P.  Peters1
  • 1Klinik für Dermatologie und Allergologie, Klinikum Bayreuth GmbH
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Publication Date:
08 April 2008 (online)

Anlässlich ihres zehnjährigen Bestehens veranstaltete die Klinik für Dermatologie und Allergologie im Klinikum Bayreuth GmbH am 1. Dezember 2007 die 9. Jahrestagung der Südostdeutschen Dermatologen ([Abb. 1]). Im Gegensatz zu den früheren Jahrestagungen wurde diese Veranstaltung eintägig durchgeführt, um die „Ausfallzeiten” in Praxis, Klinik und nicht zuletzt auch für die Familien möglichst kurz zu halten. Das Programm war nach Gesprächen mit vielen Kolleginnen und Kollegen bewusst praxisorientiert zusammengestellt worden, um sowohl jungen Assistentinnen und Assistenten aus Kliniken und Praxen als auch den Erfahrenen unseres Faches Anregungen und neues Wissen für die tägliche Arbeit mit nach Hause geben zu können. Getreu dem Tagungsmotto „Haut in Lebensphasen” wurde eine Reise durch die Diagnostik und Therapie von Hauterkrankungen in verschiedenen Lebensabschnitten geboten.

Abb. 1 Kongressposter.

In zwei jeweils einstündigen „Südostdeutschen Diakliniken” zu Beginn der Tagung und nach der Mittagspause präsentierten insgesamt 16 Hautkliniken aus dem südostdeutschen Raum jeweils eine Kasuistik ([Tab. 1]). Ein einstündiges Minisymposium beschäftigte sich mit dem Thema „Ethik versus Ökonomie in der Medizin”. Schließlich konnten am Abend noch drei verschiedene Workshops besucht werden. Bei der durch die Deutsche Dermatologische Akademie und die Bayerische Landesärztekammer zertifizierten Veranstaltung konnten im Hauptprogramm 9 Fortbildungspunkte und bei den Workshops jeweils 4 zusätzliche Fortbildungspunkte erworben werden.

Tab. 1 Südostdeutsche Diakliniken Titel Referent/in Klinik Problematik der Sentinel-Lymphknotenexstirpation beim malignen Melanom im Kopf-Halsbereich Ch. Weiß Klinik für Hautkrankheiten, Helios Klinikum Erfurt Hyalinosis cutis et mucosae(Morbus Urbach-Wiethe) S. Schliep Hautklinik, Universitätsklinikum Erlangen Red Ear Syndrome R. Nebel Universitätsklinik und Poliklinik für Dermatologie und Venerologie,Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg Kutane Leishmaniose bei einem Kleinkind - Behandlung mit Miltefosin A. Neub PsoriSol Fachklinik Hersbruck Diabetisches Fußsyndrom A. Mechlin Hautklinik am Klinikum Nürnberg Wanderer (Golfer)-Vaskulitis L. Eickenscheidt Klinik für Hautkrankheiten und Allergologie, Helios Vogtland-Klinikum Plauen Morbus Still A. Gesierich Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie, Universitätsklinikum Würzburg Histamin-Intoleranz I. Stolze Klinik für Dermatologie und Allergologie, Klinikum Bayreuth Artefakte - Probleme in Differenzialdiagnose und Therapie G. Rothmund Klinik für Hautkrankheiten und Allergologie, Klinikum Augsburg Ist Ulcus gleich Ulcus?Ein Casus pro Diagnosi U. Wollina Klinik für Dermatologie und Allergologie,Krankenhaus Dresden-Friedrichstadt Livedovaskulitis bei heterozygoter Prothrombinmutation M. Bär Klinik und Poliklinik für Dermatologie,Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus, Dresden Fallbeispiel einer ausgedehnten Trichophyton rubrum Tinea corporis F. Seyfarth Klinik für Dermatologie, Friedrich-Schiller-Universität Jena Psoriasiforme Plaques bei einem zahnlosen Mädchen K. Gauwerky Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie, Ludwig-Maximilians-Universität München Niedertemperatur-Argon-Plasma: neue Behandlungsoption für chronisch infizierte Wunden? G. Isbary Klinik für Dermatologie, Allergologie und Umweltmedizin, Klinikum München-Schwabing Erdheim-Chester-Syndrom R. Kerzl Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie am Biederstein, Klinikum rechts der Isar, Technische Universität München Acne inversa: ungewöhnliche Lokalisation - ungewöhnliche Therapie M.-L. Langrock Dermatologische Klinik und Poliklink, Klinikum der Universität Regensburg

Nach einer kurzen Einleitung durch den Geschäftsführer der Klinikum Bayreuth GmbH, Herrn Roland Ranftl, wurde die Tagung durch den Aufsichtsratsvorsitzenden Herrn Landrat Dr. Klaus-Günter Dietel eröffnet. Er skizzierte die zehnjährige Geschichte der Klinik für Dermatologie und Allergologie Bayreuth, die als einzige Hautklinik in Oberfranken seit November 1997 mit 20 vollstationären Betten über 30 0000 stationäre und ambulante Patienten mit Hauterkrankungen oder Allergien behandelt hat. Wegen der kontinuierlich hohen Belegungszahlen mit ungenügenden Kapazitäten zur Behandlung aller Patienten der Region wird die Klinik ab 1. 1. 2008 vergrößert; Herr Dr. Dietel überreichte den leitenden Ärzten Dr. Klaus-Peter Peters und Prof. Dr. Rudolf A. Herbst auf einem silbernen Tablett mit einer Torte symbolisch 20 weitere Betten ([Abb. 2]). Somit wird die Bayreuther Hautklinik mit verdoppelter Bettenzahl ins Jahr 2008 starten.

Abb. 2 Verdoppelung der Bettenzahl der Klinik für Dermatologie und Allergologie im Klinikum Bayreuth GmbH: Präsentation von 20 zusätzlichen Betten „auf dem silbernen Tablett” (v. l. n. r.: Prof. Dr. med. K. Henneking, Ärztlicher Direktor; Landrat Dr. K.-G. Dietel, Aufsichtsratsvorsitzender, Klinikum Bayreuth GmbH; Prof. Dr. med. Rudolf A. Herbst und Dr. med. K.-P. Peters, Leitende Ärzte; R. Ranftl, Geschäftsführer).

Nach dieser Begrüßung begann der wissenschaftliche Teil mit der „Südostdeutschen Diaklinik 1”, in der Kolleginnen und Kollegen aus 8 verschiedenen Hautkliniken interessante Kasuistiken ([Tab. 1]) präsentierten.

Im ersten Hauptvortrag gab Frau Priv.-Doz. A. Kolb-Mäurer, Universitätshautklinik Würzburg, in ihrem zusammen mit Frau Prof. E.-B. Bröcker konzipierten Vortrag einen Überblick über die „Dermatotherapie in Schwangerschaft und Stillzeit”. Hierbei ging sie sowohl auf fetotoxische Arzneimittel wie beispielsweise Steroidhormone, Vitamin A Säure-Derivate und Cumarin-Derivate, als auch auf kontraindizierte Lokaltherapeutika wie teer-haltige Externa, Metronidazol und Salicylsäure ein. Als Grundregeln für die Therapie in der Schwangerschaft empfahl sie u. a. eine sorgfältige Nutzen-Risiko-Abwägung, den Einsatz gut erprobter, also eher lang eingeführter Medikamente und die Verwendung von Monopräparaten. Hinweise für den Einzelfall kann das Pharmakovigilanz- und Beratungszentrum für Embryonaltoxikologie (http://www.embryotox.de) und dessen Beratungstelefon geben. Abschließend gab sie einen Überblick zur Behandlung unterschiedlicher Krankheiten mit verschiedenen Medikamentengruppen aus den Teilgebieten der Dermatologie, der durch viele praktische Handlungsanregungen vervollständigt wurde.

An den Anfang seines thematisch nahtlos anschließenden Vortrages „Topische Therapie im Säuglings- und Kindesalter” stellte Herr Priv.-Doz. Dr. J. Wohlrab von der Universitätshautklinik Halle-Wittenberg den immer wieder wichtigen Merksatz „Kinder sind keine kleinen Erwachsenen!” Er begann mit einer anschaulichen Darstellung der wissenschaftlichen Grundlagen der Lokaltherapie, zum Beispiel über Einflussfaktoren für Penetration, morphologische Faktoren und galenische Interaktionen. Danach gab der Redner praxisbezogene Anleitungen in Form von allgemeinen Regeln, wie z. B. zur Abschätzung des Externabedarfs in bestimmten Lebensaltern oder der Vermeidung einer Erhöhung der Penetrationsrate beispielsweise durch warme Bäder. Nachfolgend stellte er für verschiedene Medikamentengruppen typische kinderspezifische Nebenwirkungen bzw. Fallstricke dar. Die juristischen Rahmenbedingungen für die Therapie von Dermatosen bei Kindern sind schwierig, da für viele Dermatika klinische Studien an Kindern fehlen und deshalb der „Off Label Use” häufig unumgänglich ist.

Frau Dr. I. Stolze aus der Bayreuther Hautklinik eröffnete das letzte Thema des ersten Vortragsblocks mit einer Kasuistik zur „Histamin-Intoleranz”. Anschließend stellte Herr Dr. K.-P. Peters, Bayreuth, die immer noch zu selten diagnostizierte Histamin-Intoleranz anhand von weiteren Fallbeispielen vor ([Abb. 3]). Die Histamin-Intoleranz manifestiert sich an unterschiedlichen Organsystemen, z. B. als atopisches Ekzem, Asthma bronchiale, gastrointestinale Störungen und rezidivierende migräneähnliche Kopfschmerzen. Pathogenetisch wichtig ist in den meisten Fällen der verminderte Abbau von Histamin und anderen biogenen Aminen, z. B. bei reduzierter Aktivität der Diaminooxidase (DAO) oder der Histamin-N-Methyl-Transferase (HNMT), für die Auslösung von Symptomen sind aber auch DAO-hemmende oder Histamin-freisetzende Medikamente bedeutsam. Nach experimentellen Untersuchungen und der Anamnese betroffener Patienten beträgt die Zeitdauer zwischen der Aufnahme auslösender Nahrungsmittel und dem Auftreten der Beschwerden meistens zwischen 30 Minuten und 12 Stunden. Neben der entsprechenden Diät ist den Betroffenen individuell ein Antihistaminikum mit jeweils optimaler Wirksamkeit zu verordnen.

Abb. 3 „Histamin-Intoleranz”: eine immer noch häufig übersehene oder unbekannte Diagnose: Dr. K.-P. Peters, Klinik für Dermatologie und Allergologie, Klinikum Bayreuth GmbH.

Nach einer Kaffeepause wurde das Minisymposium „Ethik versus Ökonomie in der Medizin” von Frau Priv.-Doz. Dr. J. Loss vom Institut für Medizinmanagement und Gesundheitswissenschaften der Universität Bayreuth eröffnet. Sie stellte aus der „Sicht der Gesundheitswissenschaftlerin” die Knappheit im Gesundheitswesen aufgrund einnahmeseitiger Faktoren wie konjunktureller Arbeitslosigkeit und Demografie, und ausgabeseitiger Faktoren wie dem medizinischen und technischen Fortschritt, wiederum der Demografie, aber auch aufgrund von Ineffizienzen im Versorgungssystem und falschen Anreizsystemen dar. Daraufhin diskutierte sie kritisch Lösungsmöglichkeiten, wie beispielsweise eine qualitätsbezogene Vergütung und auch Interventionen zur Verbesserung von Non-Compliance. Sie schloss ihre Betrachtung mit der Feststellung, dass die Optimierung der Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen durch Verbesserung von Qualität und durch Reduzierung der Kosten dringend erforderlich ist. Die Ärzteschaft sollte sich bei diesen Maßnahmen an die Spitze stellen, um Fehlentwicklungen zu verhindern. Die Versorgung von Kranken dürfe nicht ausschließlich Mittel zum Zweck der Erzielung und Optimierung von Erlösen werden.

Es folgte ein eindrucksvoller, ohne audio-visuelle Hilfsmittel gehaltener Vortrag des Begründers der Jahrestagungen der Südostdeutschen Dermatologen, Herrn Prof. Dr. Reinhard Breit, dem ehemaligen Chefarzt der Klinik für Dermatologie, Allergologie und Umweltmedizin in Schwabing. Herr Prof. Breit vertrat die „Sicht des Klinikers”, indem er davon ausging, dass es sich bei unserer Medizin um eine Handlungswissenschaft handele mit dem Ziel, die von der Norm Gesundheit abweichende Krankheit zu beheben. Die Gesundheit gelte heute als des Lebens höchstes Gut. Deshalb sei leidenden Menschen und ihrer Umgebung nicht zu vermitteln, dass bestimmte Ressourcen gerade ihnen persönlich, aus welchen Gründen auch immer, nicht zukommen könnten. Er selbst hätte in seinem Arbeitsleben durch Rationalisierung immer noch einer drohenden Rationierung entkommen können. Dieser Weg sei jedoch wahrscheinlich schon bald zu Ende beschritten. Ein Grunddilemma sei außerdem, dass die erfolgreiche Therapie einer Krankheit Platz für die nächste mache. Letztendlich sei deshalb ein utopischer Gesundheitsbegriff krank und mache auch krank. Der Mensch müsse im Mittelpunkt aller Bestrebungen stehen und das Ziel aller Medizin nicht die Heilung von Krankheiten, sondern von kranken Menschen sein. Deshalb sei die einzige Begrenzung medizinischen Handelns die Menschenwürde. Ein Handeln, dass sich in der Spannung zwischen Widerstand und Ergebung, zwischen Kampf und Duldung, bewege, sollte auch das ethische Abwägen zwischen Tun und Unterlassen bestimmen.

Der letzte Vortrag dieses Minisymposiums wurde von Herrn Dr. C. Seidel, in Bayreuth niedergelassener Hautarzt, gehalten: Er vertrat die „Sicht des Niedergelassenen”. Seine ernüchternd wirkende Analyse zur Situation der niedergelassenen Dermatologen umfasste Liquiditätsprobleme, trotz oder gerade wegen massiver Überarbeitung bei aus seiner Sicht nicht kostendeckenden Vergütungen am Beispiel des EBM 2000 plus. Die Sozialpolitik wälze die explodierenden Kosten auf die Niedergelassenen und besonders auf die Fachärzte ab, aufgrund der fachspezifischen Umstände verstärkt auch auf die Dermatologen. Herr Dr. Seidel kritisierte die geplante elektronische Gesundheitskarte als kostenineffizient und datenschutzrechtlich unhaltbar. Aufgrund der zunehmenden Ärzteflucht aus Deutschland ins Ausland seien größer werdende Versorgungslücken zu erwarten, die auch durch medizinische Versorgungszentren oder Kliniken nicht kompensiert werden könnten, da letztendlich alle - und insbesondere die wirtschaftlichen - Probleme auch hier nur weitergereicht würden. Für die sehr drastisch geschilderten Probleme sah Herr Dr. Seidel unter den jetzigen Bedingungen jedoch keine Lösungsmöglichkeiten.

Der große Diskussionsbedarf, der durch die drei hervorragenden Vorträge des Minisymposiums entstanden war, konnte in der darauf folgenden Mittagspause ausgelebt werden.

Nach der Mittagspause stellten in der „Südostdeutschen Diaklinik 2” 8 weitere Kolleginnen und Kollegen Kasuistiken aus verschiedenen südostdeutschen Kliniken vor ([Tab. 1]).

In seinem Vortrag zum Thema „Rationale Antibiotikatherapie in Klinik und Praxis” versuchte Herr Prof. Dr. R. A. Herbst aus Bayreuth an 2 Beispielen darzustellen, dass eine rationale Antibiotikatherapie nicht gleichbedeutend mit einer rationellen Antibiotikatherapie ist. Während die perianale Streptokokkenerkrankung (perianale Streptokokkendermatitis, Streptokokkenanitis) häufig zu kurz behandelt wird, sollte die perioperative Antibiotikaprophylaxe insbesondere in der Dermatochirurgie nur bestimmten Indikationen vorbehalten sein. Konkret reicht bei der perianalen Streptokokkendermatitis die übliche fünftägige Behandlung von Streptokokkeninfekten nicht aus, sondern es ist eine an vor allem der Klinik und ggf. auch Abstrichergebnissen orientierte zehn- bis vierzehntägige systemische Antibiose erforderlich. Die perioperative Antibiotikaprophylaxe ist in der operativen Dermatologie nach einer bereits 2001 veröffentlichten Leitlinie zum richtigen Zeitpunkt (etwa 1 Stunde vor Operationsbeginn), mit dem richtigen Medikament (abhängig vom zu erwartenden Keimspektrum) und vor allem nur bei ausgewählten Indikationen sinnvoll. Hierzu gehören u. a. Lappenplastiken mit Durchtrennung von Schleimhaut und Lippenplastiken, Hauttransplantationen nach Wundgrundkonditionierung im Einzelfall, Composite-Grafts, die sofortige Defektversorgung in der Akne inversa-Chirurgie, die Emmert-Plastik bei primärem Wundverschluss, die Varizenoperation oder paratibiale Fasziotomie beim venösen Ulcus cruris (möglichst gezielt nach Abstrich), sowie das Laser-Skin-Resurfacing bzw. die großflächige Dermabrasion. Außerdem wurde auf die stark gelockerten Empfehlungen zur Endokarditisprophylaxe nach den neuen US-amerikanischen Leitlinien hingewiesen.

Die beiden darauf folgenden Hauptvorträge von Frau Prof. Dr. H. Hofmann von der Hautklinik der TU München zum Thema „Ungewöhnliche kutane Manifestation der Lyme-Borreliose” und von Herrn Dr. U. Hofstatt-van Oy aus der neurologischen Klinik im Klinikum Bayreuth mit dem Titel „Lyme-Borreliose aus Sicht des Neurologen” stellten ein interdisziplinäres Highlight der Kongressveranstaltung dar: Frau Prof. Hofmann stellte in ihrem unglaublich gut bebilderten Vortrag verschiedenste, sehr außergewöhnliche Manifestationen der Lyme-Borreliose unter dem Goethe-Motto „Man erkennt (nur), was man kennt” vor. Die ungewöhnlichen Manifestationen reichten vom Bild des Erythema non migrans, über das diffuse Gesichtserythem, multiple Erythemata migrantia, an Facies leontina erinnernde Hautveränderungen, bis zum Ringerohr. Die meisten klinischen Präsentationen waren mit Therapieverläufen, Laborbefunden und -verläufen und histologischen Befunden illustriert und führten zu einer ungewöhnlich lehrreichen und abwechslungsreichen Präsentation.

Im darauf folgenden Vortrag führte Herr Dr. U. Hofstatt-van Oy aus Bayreuth in „Diagnostik, Differenzialdiagnose und Therapie der Neuroborreliose” ein. Der Vortrag machte einmal mehr deutlich, dass die Neuroborreliose nicht nur klinisch, sondern auch in Bildgebung und Labor oft sehr schwer zu diagnostizieren ist. Erschwerend sind die geringe Sensitivität des direkten Erregernachweises, nicht standardisierte serologische Testsysteme und die Persistenz von spezifischen Antikörpern sowie die hohe Kreuzantigenität mit zahlreichen anderen Bakterien. Die stadiengerechte Therapie sowie die Definition von Therapieresistenz und Erregerpersistenz wurden ebenfalls ausführlich dargestellt.

Die anschließende gemeinsame Diskussion der beiden Lyme-Vorträge krönte diesen Veranstaltungsteil ([Abb. 4]).

Abb. 4 Interdisziplinäre Diskussion der Lyme-Borreliose aus dermatologischer (Frau Prof. Dr. H. Hofmann, München) und neurologischer (Herr Dr. Hofstatt-van Oy, Bayreuth) Sicht.

Nach der folgenden Kaffeepause eröffnete Prof. Dr. M. Volkenandt von der LMU-Hautklinik in München die letzte Sitzung der Hauptvorträge mit seinem foudroyanten Vortrag „Kommunikation mit Patienten”. Er betonte den großen Stellenwert einer gelungenen Kommunikation mit den Patienten, denn das Patientengespräch ist die häufigste ärztliche, aber auch pflegerische Handlung. Trotz dieser Wichtigkeit komme dies in der Ausbildung immer noch zu kurz. Kommunikation sei erlernbar, bestehe aber nicht nur aus den Äußerungen des Arztes, sondern mindestens genauso aus aktivem Zuhören. Sehr wichtige Elemente der Kommunikation wären darüber hinaus das Stellen von Nachfragen und vor allem auch das Schweigen an den richtigen Stellen.

Herr Prof. E. Kämpgen, Universitätshautklinik Erlangen, stellte in seinem Beitrag mit dem Titel „Hauttumortherapie in verschiedenen Lebensabschnitten” klar, dass aus seiner Sicht jeder Patient individuell und unabhängig von Lebensphase oder Lebensalter zu behandeln sei. Er gab einen Übersichtsvortrag über die neuesten Therapiemöglichkeiten insbesondere des malignen Melanoms und sah eine gewisse Bedeutung des Alters lediglich bei der Entscheidung über eine Hochdosis-Interferon-Therapie.

Herr Prof. U. Wollina von der Klinik für Dermatologie und Allergologie am Krankenhaus Dresden-Friedrichstadt demonstrierte die „Kosteneffiziente Therapie chronischer Wunden” am Beispiel des venösen Ulcus cruris. Er stellte zusätzlich anhand zweier außergewöhnlicher Kasuistiken (einer Calciphylaxie und eines Falles von Ergotismus) seltene Ursachen für Ulcera crurum dar. Auf der Basis bisher publizierter, allgemein anerkannter Studien demonstrierte er die sinnvollen Therapieoptionen Debridement, Wundauflagen, Kompression und die Chirurgie. Abschließend betonte er die großen Chancen eines Gefäßzentrum, bestehend z. B. aus Gefäßchirurgie, internistischer und radiologischer Angiologie sowie Dermatologie.

Im letzten Hauptvortrag „Dermatotherapie im Alter” erklärte Herr Priv.-Doz. Dr. J. Tittelbach, Universitätshautklinik Jena, zunächst verschiedene Alterungstheorien. Danach beschäftigte er sich mit der Häufigkeit bestimmter Erkrankungen im Alter sowie den Fallstricken in der Behandlung älterer Patienten. Insbesondere ist die Compliance oft hoch problematisch durch verminderte Merkfähigkeit, Sehkraft oder auch gestörte Feinmotorik, durch Schluckstörungen oder durch Schwerhörigkeit mit daraus folgender unzureichender Informiertheit. Er besprach abschließend ausführlich die im Alter veränderte Pharmakokinetik. Sein Tip „Start low and go slow” schloss einen hervorragenden, sowohl theoretischen als auch praxisorientierten Vortrag ab.

Nach einer letzten Kaffeepause hatten die Tagungsteilnehmer noch die Qual der Wahl zwischen 3 Workshops: Herr Dr. C. Seidel, niedergelassener Hautarzt aus Bayreuth, vertiefte in seinem Workshop „Praxisoptimierung im Rahmen der aktuellen Gesundheitspolitik” seine bereits im Hauptvortrag gegebene, relativ düstere Analyse des derzeitigen medizinischen und wirtschaftlichen Zustandes der Dermatologie in der KV-Praxis. Er versuchte den Workshopteilnehmern Lösungsansätze zur Optimierung ihrer Praxis in Bezug auf Qualität und Ökonomisierung zu geben.

Herr Prof. Dr. M. Volkenandt gab im Workshopkreis unter dem Titel „Schwierige Patienten in Praxis oder Klinik - Tipps und praktische Ratschläge” mithilfe von praktischen Beispielen Umsetzungsvorschläge für die im Hauptvortrag bereits angerissenen Techniken zur Gesprächsführung in schwierigen Situationen. Hierbei kam insbesondere die Kommunikation mit schwerstkranken Patienten ausführlich zur Diskussion.

Der 3. Workshop von Dr. K.-P. Peters, Klinik für Dermatologie und Allergologie im Klinikum Bayreuth, gab unter dem Titel „Epikutantestung - Aktuelles für die Praxis mit Ablesetraining” nach einer grundlegenden Einführung zur Epikutantestung anhand von sehr vielen Einzelbeispielen einen Überblick vor allem über ungewöhnliche Testreaktionen. Die Spanne reichte von nicht ekzematösen und Exanthemreaktionen über Differenzialdiagnosen zur Entwicklung der Allergenvorkommen, neuen Allergenen und mündete schließlich in ein Ablesetraining für die anwesenden Teilnehmer.

Prof. Dr. med. Rudolf A. Herbst

Klinik für Dermatologie und Allergologie

Klinikum Bayreuth GmbH

Preuschwitzer Straße 101

95445 Bayreuth

Email: r.herbst@derma.de

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