Grundlage: Als artefizielle Störungen werden selbstschädigende Handlungen beschrieben, die zu einer objektivierbaren, klinisch relevanten Schädigung des Organismus führen. Diese geschehen im Verborgenen und führen zu medizinischen, teils invasiven Maßnahmen. Die Handlung geschieht zielgerichtet und bewusst gesteuert – aber oft in dissoziativen Zuständen – ohne dass der Vorgang dem Patienten anschließend erinnerlich sein muss. Die der Störung zugrunde liegende Motivation ist meist unklar und unterliegt innerseelischen oder auch sozialen Gründen. Kasuistik: Eine Patientin, die sich seit 2002 mit einer schweren Ceratoconjunctivitis atopica bei uns in Behandlung befindet, zeigt eine zunehmende Befundverschlechterung mit starker Herabsetzung des Sehvermögens. Eine initiale gigantopapilläre Konjunktivitis greift, zunächst einseitig, auf die Hornhaut über und führt zu einer therapierefraktären Ulzeration. Therapie: Die lokale und systemische immunmodulatorische Therapie bleiben auf lange Sicht erfolglos. Die mikrobiologische Diagnostik ergibt keinen pathologischen Befund. Es werden mehrere Sprayfreezings, sowie später Amniondeckungen zur Förderung der Hornhautregeneration durchgeführt, wobei die Befundprogredienz bis zur Herabsetzung des Visus nicht aufzuhalten ist. Schlussfolgerung: Der frustrane Verlauf, widersprüchliche Angaben über die ordinierte Therapie, sowie eine später aufgedeckte Rezeptfälschung bestätigen bei der jungen Patientin das Zugrundeliegen einer selbstschädigenden Manipulation. Die Verlegung der Patientin in die Psychiatrie ist erfolgt.