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DOI: 10.1055/s-2007-992977
Oberlidrekonstruktion – funktionelle und ästhetische Wiederherstellung
Der Rekonstruktion der Oberlider nach Schädigung durch Trauma, nach Tumorexzision oder bei deformierenden Erkrankungen kommt eine besondere Bedeutung zu. Einerseits ist die funktionelle Wiederherstellung zum Erhalt des Augapfels und der Sehschärfe unerlässlich, andererseits sind schon kleinere Fehlstellungen, Narben und insbesondere Asymmetrien der Lidkontur im Seitenvergleich mit dem anderen Oberlid kosmetisch sehr auffällig. Im Folgenden berichte ich über drei verschiedenartige Fälle von Oberlidrekonstruktionen:
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Oberlidrekonstruktion nach Tumorexzision
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Oberlid-Wiederherstellung nach schwerem subtotalen traumatischen Abriss
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Rekonstruktion bei Neurofibromatose I
1. Ein Mann mittleren Alters stellte sich mit einem etwa haselnussgroßen, tropfenförmigen Tumor des rechten lateralen Oberlides vor. Der rasch wachsende Befund führte aufgrund seines Gewichtes zu einer deutlichen und Sicht behindernden Ptosis des Oberlides. Bei dem Tumor handelte es sich um eine amelanotische Metastase eines bereits multipel metastasierten Melanoms des Rumpfes. Nach Exzision des Tumors und histologisch gesicherter Exzision im Gesunden zeigte sich ein Substanzdefekt, der die laterale Hälfte des Oberlides umfasste. Zur Rekonstruktion der hinteren Lidlamelle wurde ein freies tarsokonjunktivales Transplantat des kontralateralen Oberlides gewonnen und transplantiert. Die vordere Lidlamelle konnte durch einen Hautverschiebelappen aus dem ipsilateralen Oberlid gebildet werden. Nach unkomplizierter Einheilung waren Funktion und Ästhetik wieder hergestellt. Die Entnahmestelle am kontralateralen Oberlid verheilte ebenfalls komplikationslos.
2. Ein junger Mann, der als Gehilfe in einer Fleischerei arbeitete, verfing sich mit dem rechten medialen Lidwinkel in einem frei schwingenden Fleischerhaken. Aus Schreck darüber machte er reflektorisch eine schnelle Linksdrehung mit dem Kopf. Dabei wurden durchgreifend das Oberlid, der obere Tränenweg, die Karunkel und der M. obliquus superior proximal der Trochlea abgerissen. Der Abriss des M. levator palpebrae erfolgte dicht an seinem Ursprung (distal des Annulus tendineus) in der hinteren Orbita. Lediglich eine laterale Haut-Gewebe-Brücke verband das Oberlid mit seinem Ursprung. Der Augapfel selbst wies erstaunlicherweise keine Verletzungen auf. In einer langwierigen Operation konnte das Lid schichtweise wieder an die korrespondierenden Gewebe angenäht werden. Dabei erwies es sich als äußerst schwierig, den mittlerweile ödematös verdickten distalen Anteil des M. levator palpebrae an den konisch zulaufenden und sehr schmalen sehnigen Rest in der hinteren Orbita zu adaptieren. Eine Readaptation des im Muskelbauch gerissenen Obliquus superior war nicht möglich, da die Sehne aus der Trochlea herausgerissen war. Nach Abklingen der anfänglich stark ausgeprägten postoperativen Schwellung zeigte sich keinerlei Lidheberfunktion. Die daraus resultierende Ptosis verhindert derzeit noch eine aufgrund der fehlenden Funktion des Obliquus superior zu erwartende Diplopie. Zur langfristigen funktionellen Rehabilitation des rechten Auges und zur Vermeidung einer Diplopie ist nach Abheilung des Befundes im Intervall eine korrigierende Augenmuskeloperation in Kombination mit einer Frontalissuspension geplant.
3. Ein 15-jähriges Mädchen mit Neurofibromatose I stellte sich mit einer störenden Ptosis vor, die durch ein großes rezidivierendes Neurofibrom im rechten lateralen Oberlid und Lidwinkel bedingt war. In der Vergangenheit war bereits einmal eine Tumor reduzierende Operation an dem Lid durchgeführt worden. Danach kam es zu einem erneuten Tumorwachstum in dem Bereich mit störender Ptosis und deutlicher Zunahme der horizontalen Lidbreite mit kosmetisch unschöner Paragraphenform des Oberlides. Gemeinsam mit der Mund-Kiefer-Gesichts-Chirurgie unseres Hauses wurde ein laterale Tumorreduktion, sowie eine Levatorresektion und laterale Keilexzision zur horizontalen Kürzung und Korrektur der Paragraphenform des Oberlides durchgeführt. Nach anfänglicher postoperativer starker Schwellung (typisch für NF I) zeigte sich, dass eine laterale Keilexzision eine gute Methode ist, die insbesondere kosmetisch relevante Paragraphenform des Oberlides bei palpebralem Befall im Rahmen einer Neurofibromatose I zu korrigieren.