Ein 13-jähriges Mädchen stellte sich mit erstmals und seit 3 Monaten bestehenden blutigen
Stühlen (3/d, breiig) und leichten unspezifischen Bauchschmerzen vor. Die Anamnese,
körperliche Untersuchung und das Labor erbrachten keine Auffälligkeiten. Koloskopisch
zeigte sich das Bild einer Proktitis ulcerosa mit mäßiggradiger Entzündungsaktivität.
Zudem fanden sich zahlreiche vitale Madenwürmer im gesamten Colon. Histologisch trug
die Proktitis Züge einer Colitis ulcerosa (CU) und einer Helminthen- (Enterobius vermicularis)
assoziierten Proktitis. Unter kombinierter Therapie mit Pyrantel und topischem Mesalazin
kam es rasch zur Beschwerdefreiheit.
Nach einem halben Jahr stellte sich die Patientin erneut und jetzt mit erheblichem
Gewichtsverlust, blutig-wässrigen Durchfällen (10–15/d) sowie ausgeprägten Tenesmen
vor; laborchemisch auffällig eine schwere Anämie (Hb 56g/l). Endoskopisch/histologisch
lag nunmehr eine hochfloride Pancolitis ulcerosa vor, ohne Hinweise für die vorbestehende
Helminthose. Unter Prednisolon und Azathioprin gelang eine rasche Remissionsinduktion
und deren Persistenz unter zügigem Ausschleichen der Steroide.
Wir haben vergleichende Untersuchungen (Helminthose vs. CU) von parraffin-eingebetteten
Biopsien des prox. Colons bis zum Sigma vorgenommen. Mittels quantitativer RT-PCR
fanden wir eine deutlich erhöhte mukosale Expression der anti-inflammatorischen Zytokine
IL-10 und TGF-beta während der Helminthose gegenüber einer relativen Dominanz von
IFN-gamma und TNF-alpha im Zuge der CU. Passend hierzu zeigte die blande Colonschleimhaut
im Rahmen des Wurmbefalls eine eindeutig verstärkte Infiltration der Lamina propria
mit Foxp3 (+) regulatorischen T Zellen. Zusammenfassend sahen wir einen schweren Schub
einer Pancolitis ulcerosa nach Eradikation einer intestinalen Helminthose durch Enterobius
vermicularis. Die initial vorliegende Proktitis könnte retrospektiv Ausdruck einer
mäßig aktiven CU sein, jedoch auch als seltene Manifestation einer Enterobius vermicularis-assoziierten
Pathologie gewertet werden. Dieser Fall unterstreicht eindrücklich den Stellenwert
aktueller Forschungsaktivitäten zur anti-inflammatorischen Immunmodulation (u.a. via
Induktion von regulatorischen T Zellen) durch Helminthen bei chronisch entzündlichen
Darmerkrankungen.