Aktuelle Neurologie 2007; 34 - P833
DOI: 10.1055/s-2007-988102

Hypophysenvorderlappeninsuffizienz bei Patienten mit hypoxischer Encephalopathie

I Kilimann 1, M Schneider 1, HJ Schneider 1, E Koenig 1, F von Rosen 1
  • 1Bad Aibling, München

Einleitung: Aufgrund der Verbesserung der Intensivmedizin und der Ausbildung im Bereich Laienreanimation nimmt die Anzahl der überlebenden Patienten nach Reanimation, aber auch der Patienten mit hypoxischer Encephalopathie stetig zu. Eine Reihe von Untersuchungen haben gezeigt, dass es regional verschiedene Vulnerabilitäten für Schädigungen bei Anoxie gibt. Der Hirnstamm ist vergleichweise unempfindlich gegenüber einer Minderversorgung mit Sauerstoff. Ist die Hypoxie jedoch so gravierend, dass es auch in diesem Bereich zu Gewebeschäden kommt, so ist eine Reanimation in der Regel nicht mehr erfolgreich.

Im Tiermodell konnte ebenfalls eine vergleichsweise hohe Sensitivität der Axone der Neurohypophyse gegenüber Sauerstoffmangelzuständen dokumentiert werden. Dies könnte erklären, dass ein Diabetes insipidus nach hypoxischem Hirnschaden bei Kindern gelegentlich beobachtet.

Methoden: Hormondaten von 23 Patienten (22Männer, eine Frau) unserer Klinik mit hypoxischer Encephalopathie nach Reanimation wurden retrospektiv ausgewertet. Das Alter der Patienten lag zwischen 17 und 79 Jahre (Mittel 60,6 Jahre). Zwei Patienten wurden während eines Klinikaufenthaltes reanimiert, alle anderen im präklinischem Setting. Alle Patienten wurden anschließend in unserem Hause rehabilitiert.

Es wurden Nüchternwerte von Prolaktin, fT4, Cortisol und IGF-1 sowie Testosteron beim Mann und Östradiol bei der Frau gemessen. Zusätzlich wurde bei 5 Patienten ein ACTH-Kurz Test durchgeführt.

Ergebnisse: Bei 17% der Patienten wurde ein erniedrigter IGF-1 Wert als Hinweis auf eine somatotrope Hypophyseninsuffizienz dokumentiert. 76% der Männer zeigten einen erniedrigten Testosteronspiegel und 30% aller Patienten hatten eine Hyperprolaktinämie. Zwei Patienten waren corticotrop insuffizient (ein Patient mit einem Morgencortisol von 3,9µg/dl, ein weiterer im ACTH-Test) und insgesamt 3 Patienten (13%) zeigten ein erniedrigtes fT4.

Schlussfolgerung: Unsere Daten zeigen eine hohe Prävalenz von hypophysären Insuffizienzen bei Patienten mit hypoxischer Encephalopathie. Eine solch hohe Prävalenz von HVL-Insuffizienzen nach Hirnschädigung ist bislang nur bei Patienten nach SHT oder aneurismatischer SAB beschrieben. Eine pathophysiologisch zugrunde liegende hypoxisch-ischämische Schädigung der Hypophyse wird in diesem Zusammenhang diskutiert. Systematische Studien an Patienten mit hypoxischer Encephalopathie liegen bislang nicht vor. Hormonelle Defizite können im Einzelfall zum klinischen Bild beitragen.