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DOI: 10.1055/s-2007-988101
Herzratenvariabilität und Antrieb
Die deutsche Psychopathologie verwendet den recht globalen Terminus Antrieb. In einem neurobiologisch begründeten Antriebsmodell ist jedoch ein basaler Antrieb (bA) im Sinne einer körperlichen Bereitstellungsreaktion von anderen Antriebskomponenten zu unterscheiden. Es wurde überprüft, inwieweit die Spektralanalyse der Herzratenvariabilität (HRV) mit der Aufteilung in ein LF-Band (0,04–0,15Hz) und ein HF-Band (0,15–0,4Hz) geeignet ist, den bA funktionell widerzuspiegeln.
45 vollstationär behandelte Patienten einer psychiatrischen Klinik (24 F, 21M; MW: 39,6 Jahre, Median 40J.; Diagnosen: F2: 21x; F3: 22x; F4:2x) wurden untersucht: die HRV-Messung erfolgte in Ruhe online am liegenden Probanden (Polar Precision Performance- Software) von einem Polar Sport-Tester S810i in drei fünfminütigen Durchgängen (Taktatmung 10/min (TA); kognitive Belastung (KB); Ruheableitung (RB)). Der bA wurde mittels visueller Analogskala (VAS) in Selbst- und Fremdbeurteilung (SB; FB) hinsichtlich einer Verminderung oder Steigerung abgeschätzt. Mögliche konfundierende Faktoren wurden kontrolliert. Unter Verwendung des exakten Fisher Tests ergaben sich nach Umwandlung der numerischen Ergebnisse in kategoriale in Bezug auf Median oder MW folgende signifikante Ergebnisse: SB: TA: Eine Minderung des bA ging mit einer Minderung des HF-Bandes der HRV (p=0,041) und mit einer Verschiebung des LF/HF-Quotienten in Richtung HF einher (p=0,002). KB: Ein gesteigerter bA auf der VAS ging mit einer Zunahme des HF-Bandes einher, die Minderung mit einer Abnahme dieses Bandes (p=0,017). Bei gesteigertem bA fand sich in der Selbstbeurteilung eine Zunahme des LF-Bandes, gleichzeitig eine Abnahme des LF-Bandes bei gemindertem bA (p=0,017). RA: Eine Minderung des bA ging in der Selbstbeurteilung mit einer Minderung des HF-Bandes einher (p=0,035).
Für die Fremdbeurteilung fand sich auf dieser Skala kein signifikanter Zusammenhang mit Ergebnissen der HRV-Tests. Eine Korrelation der Absolutwerte der psychometrischen Messungen mit den HRV-Daten ergab sich für SB und FB nicht.
Die Ergebnisse bestätigen die Annahme, dass eine Verminderung des Gefühlserlebens bei psychischen Krankheiten mit einer abgeschwächten autonomen Regulation einhergeht. Offenbar korreliert das Ausmaß der gefühlten oder beobachteten körperlichen Bereitstellungsreaktion dabei nicht direkt mit den HRV-Parametern. Die Ergebnisse der SB mittels VAS waren aussagekräftiger als die Einschätzung in der FB.