Aktuelle Neurologie 2007; 34 - P812
DOI: 10.1055/s-2007-988081

Das Auftreten von Infektionen bei Schlaganfallpatienten korreliert mit dem Verlust von CD4+ T-Zellen

A Vogelgesang 1, U Grunwald 1, S Langner 1, R Jack 1, B Bröker 1, C Kessler 1, A Dressel 1
  • 1Greifswald

Einführung: Eine häufig auftretende Komplikation bei Schlaganfallpatienten ist die Entwicklung von Infektionen. Dysphagie und daraus resultierende Aspiration wird bislang als Ursache für die Ausbildung von Pneumonien angesehen. Daten aus dem Mausmodell zeigen allerdings eine Prädisposition für Infektion, die durch eine Schlaganfall-induzierte immunologische Dysfunktion ausgelöst wird. Diese durch den Schlaganfall hervorgerufene Immunsuppression ist durch eine Lymphopenie und Dysfunktion von Monozyten und Lymphozyten gekennzeichnet. Durch Blockade des beta-adrenergen Systems konnten diese Effekte verhindert werden.

Basierend auf diesen Ergebnissen stellten wir die folgenden Fragen:

  • Induziert eine cerebrale Ischämie eine Immunsuppression beim Menschen?

  • Prädisponiert solch eine Immunsuppression für eine Infektion?

Ergebnisse: 46 Patienten mit akuter, cerebraler Ischämie nahmen an der Studie teil. Blutentnahmen erfolgten unmittelbar bei Aufnahme des Patienten, am Folgetag sowie nach sieben und 14 Tagen. Ein signifikanter Abfall von Lymphozyten (CD4+ T-Zellen, CD8+ T-Zellen, B-Zellen) war bereits bei Aufnahme nachweisbar; CD4+ T-Zellen wiesen den stärksten Abfall am Tag 1 auf.

Wir verglichen daraufhin Schlaganfallpatienten “mit Infektion“ mit denen “ohne Infektion“ um herauszufinden ob die Lymphozytopenie eine Immunsuppression widerspiegelt. Die Kohorte mit Infektion (n=11) besaß geringere Mengen an CD4+ T-Zellen am Tag1 und 7 nach Schlaganfall verglichen mit der Kohorte, die keine Infektion entwickelte (n=11). Die in vitro Proliferation der mononukleären zellen nach PHA-Stimulation zeigte eine normale Proliferationsantwort und unterschied sich nur am Tag 7 zwischen den Gruppen.

Schlussfolgerung: Die hier beschriebenen Veränderungen der Lymphozytenpopulation ähneln den Beobachtungen im Mausmodell. Die proliferative Funktion der verbleibenden Zellen ist nicht eingeschränkt und deutet darauf hin, dass die verbliebenen Lymphozyten funktionsfähig sind.

Die durch einen ischämischen Schlaganfall induzierte Lymphopenie ist Zeichen einer Immunsuppression, die zur Entwicklung einer Infektion prädisponiert. Die Zahl der CD4+ T-Zellen im peripheren Blut am Tag nach der Aufnahme könnte sich als Prädiktor für die Entwicklung einer Infektion erweisen.