Aktuelle Neurologie 2007; 34 - P799
DOI: 10.1055/s-2007-988068

Greifbewegungen bei Patienten mit degenerativen Erkrankungen des Kleinhirns

B Brandauer 1, J Hermsdörfer 1, D Timmann-Braun 1
  • 1Essen, München

Beim gesunden Menschen sind Greifbewegungen hoch stereotyp und koordiniert. Diese Greifbewegungen setzen sich aus zwei Phasen zusammen. In der ersten Phase besteht diese zum einen aus einer Bewegung zum Objekt (Transportkomponente), indem auch das Handgelenk in Relation zur Position des Objektes orientiert wird, und zum anderen aus einer genauen Skalierung der Fingeröffnung (Handformation), um das Objekt zu ergreifen. In der zweiten Phase, dem Anheben des Objekts, müssen die Griffkräfte kontrolliert werden. Diese Studie befasst sich mit möglichen Veränderungen der einzelnen Komponenten bei Patienten mit einer degenerativen Erkrankung des Kleinhirns.

Bei 18 Patienten mit einer isolierten Kleinhirndegeneration und geschlechts- und altersentsprechenden gesunden Personen wurden verschiedene Greifbewegungen mit der dominanten Hand untersucht. Die erste Bedingung bestand aus einer einfachen Greifbewegung bestehend aus Transport der Hand zum Objekt und Ergreifen des Objektes. In der zweiten Bedingung wurde die Greifbewegung ohne die Transportphase durchgeführt, d.h. bei fixiertem Unterarm. Die dritte Bedingung war eine bimanuelle Aufgabe: das Objekt wurde von der frei beweglichen Hand in die Hand mit weiterhin fixiertem Unterarm übergeben. Gemessen wurden die Griffkraft beim Anheben und Halten und die kinematischen Komponenten der Bewegungsphase.

Bei den Patienten zeigten sich in allen Bedingungen sowohl eine Verlangsamung der Bewegungen als auch eine deutlich größere Fingeröffnung als bei den Kontrollen. Die Griffkräfte waren generell erhöht. Patienten und Kontrollen passten die Fingeröffnung und die Griffkräfte im Vergleich zwischen den drei Bedingungen in gleicher Weise an.

Patienten mit degenerativen Kleinhirnerkrankungen zeigen Defizite in der Durchführung von Greifbewegungen sowohl in der Transport- und Handformationsphase als auch bei der Kontrolle der Griffkräfte. Anders als erwartet zeigten die Patienten keine offensichtlichen Einschränkungen in der Anpassung der Handöffnung und Griffkräfte an die unterschiedlichen Bedingungen. Sie profitierten zum Beispiel nicht mehr von der Durchführung einer Greifbewegung ohne gleichzeitige Transportphase als gesunde Kontrollen, und zeigten in der bimanuellen Aufgabe ähnliche Anpassungen der Handformation und Griffkräfte. Spezifische bedingungsabhängige Defizite lassen sich möglicherweise in einer weiterführenden Datenanalyse bei den zerebellären Patienten nachweisen.

Gefördert durch DFG TI 239/8–1 und HE 3592/4–1