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DOI: 10.1055/s-2007-988066
Sprachliche und räumlich-visuelle Funktionen bei Kindern und Jugendlichen mit akuten und chronischen Kleinhirnläsionen
Fragestellung: Eine große Anzahl von Läsions- und Bildgebungsstudien diskutiert die mögliche Beteiligung des Kleinhirns an nicht-motorischen Aufgaben. In der vorliegenden Studie wurde untersucht, ob -basierend auf der bekannten funktionellen Lateralisierung der Großhirnhemisphären-, die rechte zerebelläre Hemisphäre sprachliche und die linke Hemisphäre räumlich-visuelle Funktionen unterstützt.
Methoden: Es wurden sowohl Kinder und Jugendliche mit akuten (n=9) und chronischen (n=12) chirurgischen Läsionen des Kleinhirns, als auch alters- und bildungsgematchte gesunde Kontrollen (n=27) untersucht. Die chronischen Patienten waren an einem Astrozytom und die akuten Patienten an einem Astrozytom (n=7), Medulloblastom (n=1) oder Ependymom (n=1) operiert worden. Zur Sprachuntersuchung kamen eine Verbgenerierungsaufgabe und der Aachener Aphasietest zur Anwendung. Um räumlich-visuelle Funktionen zu untersuchen wurde neben Standardneglekttests, der Linienhalbierung und einer Buchstaben-Durchstreichaufgabe, ein Extinktionstest durchgeführt. Die betroffenen zerebellären Lobuli und Kerne wurden mithilfe von 3D magnetresonanztomografischen Aufnahmen (MRT) dokumentiert.
Ergebnisse: In der Verbgenerierungsaufgabe zeigten sowohl die zerebellären Patienten, als auch die Kontrollen eine Reduktion der Reaktionszeiten über die Blöcke (Lernen). Bei den akut Betroffenen waren die Reaktionszeiten, als Zeichen einer Dysarthrie, generell verlangsamt. In den übrigen Aufgaben fanden sich bei den Patienten mit chronischen zerebellären Läsionen keine Zeichen einer Aphasie, eines räumlichen Neglekts oder Extinktion. Bei der Gruppe mit akuten Kleinhirnläsionen konnten im Vergleich zu den Kontrollen keine signifikanten Unterschiede festgestellt werden. Bei den Aphasietests zeigten jedoch einzelne Patienten mit rechtshemisphärischen Läsionen Defizite. Abweichungen in den räumlich-visuellen Aufgaben waren nicht lateralisiert und konnten auf unspezifische Effekte zurückgeführt werden.
Schlussfolgerungen: Fokale zerebelläre Läsionen bei Kindern und Jugendlichen führen nicht zu einer dauerhaften Störung der Sprache, zu einem Neglekt oder einer Extinktion. Leichtgradige Sprachdefizite können jedoch bei Patienten mit akuten rechtshemisphärischen Läsionen beobachtet werden. Es bleibt jedoch zu klären, wie weit diese Abweichungen der zerebellären Läsion oder unspezifischen Effekten, wie gesteigertem intrakraniellen Druck und Depression zuzuordnen sind.