Aktuelle Neurologie 2007; 34 - P749
DOI: 10.1055/s-2007-988018

Schwere Frühsommer-Meningo-Encephalo-Myelitis – Trotz oder wegen vorangegangener aktiver Immunisierung?

P Pöschl 1, I Kleiter 1, H Koch 1, U Bogdahn 1, A Steinbrecher 1
  • 1Regensburg

Die Frühsommer-Meningo-Encephalitis (FSME) ist die häufigste flavivirale Erkrankung in Zentral- und Osteuropa. In etwa 10% der Fälle kommt es zur schwersten Verlaufsform, die klinisch einer Poliomyelitis ähnlich sein kann. Die verfügbaren Aktiv-Impfstoffe reduzieren bei sachgerechter Durchführung der Immunisierung das Erkrankungsrisiko um über 90%. Die postexpositionelle Prophylaxe wurde wegen einer fraglichen Assoziation mit schweren FSME Verläufen verlassen; die bei anderen Flavivirus-Infektionen bekannte Antikörper-vermittelte Verstärkung der Infektion wurde als Mechanismus diskutiert.

Wir berichten über den klinischen Verlauf von sechs Patienten mit schwerer FSME (darunter 5/6 Meningoencephalomyelitis) im Alter von 47 bis 69 Jahren (Median 67). Allen Fällen gemeinsam war eine vorangegangene vollständige aktive Immunisierung gegen FSME. Der Abstand des Erkrankungszeitpunktes zur letzten Vakzinierung lag dabei zwischen 15 und 40 Monaten (Median 31 Monate). Derzeit werden Auffrischungsimpfungen in Intervallen von 36 Monaten empfohlen Da ältere Personen eine verminderte immunologische Antwort nach FSME-Impfungen zeigen, werden kürzere Auffrischungsintervalle für Senioren diskutiert. Obgleich die Häufung schwerer FSME-Manifestationen in dieser Serie zufällig und zum Teil auch durch das prognostisch ungünstige höhere Lebensalter bedingt sein könnte, müssen sowohl eine Antikörper-vermittelte Verstärkung der Erkrankung als auch eine unzureichende Immunantwort diskutiert werden.