Aktuelle Neurologie 2007; 34 - P735
DOI: 10.1055/s-2007-988005

Natalizumab (Tysabri®) neun Monate nach der Zulassung im klinischen Alltag: neutralisierende Antikörper und klinische Daten

A Haghikia 1, K Hellwig 1, M Fischer 1, N Brune 1, S Schimrigk 1, A Chan 1, R Gold 1
  • 1Bochum

Fragestellung: Mit der Zulassung von Natalizumab (Tysabri®) durch die europäische Arzneimittelzulassungsbehörde (EMEA) gibt es seit Juni 2006 ein neues hochwirksames Medikament, das für die Monotherapie der aktiv schubförmig verlaufenden MS zur Verfügung steht. Bei 6% der Patienten traten während der Zulassungstudie persistierende hochtitrige Antikörper auf, die zu Wirkungsverlust führen. Etwa ein Jahr nach Zulassung des Natalizumab präsentieren wir erste Ergebnisse neutralisierender Antikörper (nAk) aus Patientenseren aus Deutschland, die in unserem unabhängigen Testlabor erhoben wurden. Zudem werden klinische Daten vorgestellt, die mit auf den Anforderungsscheinen überliefert wurden.

Methoden: 110 Patientenseren aus neurologischen Kliniken und Praxen in ganz Deutschland wurden in dem Zeitraum 9/06 bis 3/07 mittels ELISA auf nAk gegen Natalizumab untersucht. Die Einsender wurden gebeten, auf dem Anforderungsschein folgende klinische Angaben zu machen (Anzahl der Angaben wird als n in Klammern angegeben): Wie viele Zyklen durchgeführt, Nebenwirkungen, allergische Reaktionen – wenn ja, während welcher Zyklen, Ersttestung oder Wiederholungstest, Datum Erstdiagnose, EDSS bei Beginn und während der Therapie, Anzahl Schübe im Jahr vor und während Therapie, welche Vortherapie und wie lange, MRT während der Therapie.

Ergebnisse: 110 Seren von Patienten [37 Jahre (17–66), durchschnittliche Krankheitsdauer 7J (n=51)] wurden untersucht. Diese wiesen einen EDSS zwischen 0,5 und 7,5 (Ø3,9; n=34) vor Therapie und 0,5 und 7,5 während der Therapie (Ø3,6; n=34) auf. Die mittlere Schubrate betrug 2,8 (0–9; n=44) im Jahr vor der Therapie und 0,25 (0–2; n=44) während der Therapie. 12 der untersuchten Seren (10,9%, 9 Erstmessungen) wiesen nAk auf, wobei nach Mehrfachmessung (zweimal) ein Serum nach 4 Zyklen keine, jedoch nach 5 Zyklen nAk aufwies und ein weiteres nach 3 Zyklen nAk positiv – nach 6 Zyklen nAk negativ war. 3 Pat waren nach 3 Zyklen, 3 nach 2 Zyklen, einer nach 4 und ein weiterer nach 8 Zyklen nAk positiv. Fieber, Müdigkeit, Fatigue und Arthralgien waren die am häufigsten angegeben Nebenwirkungen (15 Pat; 13,6%).

Diskussion: Trotz der eher geringen Anzahl an klinischen Angaben, zeigten sowohl diese als auch der Anteil nAk-positiver Patienten den Trend der im Vorfeld in den plazebokontrollierten Phase-III-Multicenterstudien ermittelten Daten. Die Datensätze werden im Laufe des Sommers 2007ergänzt und bezüglich der therapeutischen Implikationen diskutiert.