Aktuelle Neurologie 2007; 34 - P708
DOI: 10.1055/s-2007-987978

Pflegende: Leben mit der Diagnose ALS

D Lulé 1, U Singer 1, AC Ludolph 1
  • 1Ulm

Fragestellung: Die Diagnose ALS bedeutet einen starken Einschnitt für den Patienten und die Angehörigen. Informationen über die Lebensumstände der Familien können Ärzte und Pflegepersonal helfen, eine optimale Beratung und Unterstützung für die Betroffenen zu gewährleisten.

Methoden: An der Studie nahmen 29 Personen teil (22w), die hauptsächlich für die Pflege (5,6±2,6h/d) eines ALS-Patienten (ALS-frs 28,2±11) zuständig waren. Testbögen zu den Lebensumständen (Patient Caregiver Form), der Lebensqualität (SEIQoL) und emotionalen Disposition (BDI) wurden in einem etwa 90min Interview durch den Versuchsleiter ausgefüllt.

Ergebnisse: Insgesamt waren 24 der ALS-Patienten auf Pflege angewiesen, die in 11 Fällen alleine von der befragten Person getragen wurde; 5 nahmen professionelle Hilfe in Anspruch, 10 wurden durch andere (Familienmitglieder, Freunde) unterstützt. Trotz persönlicher Einschränkungen (12/29 signifikant) bekam die Mehrzahl ausreichend Zeit für sich selbst (15/29, zwei kein Bedürfnis nach Ruhe) und empfanden keine signifikanten finanziellen Einschränkungen (25/29). Alle Befragten empfanden die Arbeit als wichtig und 29/24 als lohnend. Die Nachfrage nach Treffen für Betroffene vor allem kurz nach der Diagnose war hoch (23/29) und 17/29 wünschte sich mehr Informationen zur Pflege, Ernährung und lebensverlängernden Maßnahmen. Die Zufriedenheit mit der Empathie von Ärzten und Pflegepersonal war hoch (4/29 nicht zufrieden). 20/29 hatte gelernt mit der Situation zu leben. Die Depressionsrate war leicht erhöht (BDI 9,9±7,3), nur 3 Personen zeigten signifikante depressive Symptome. Die Lebensqualität war gut (SEIQoL 64,4±15). Das Verhältnis zwischen Patienten und Angehörigen zeigte Änderungen nach der Diagnosestellung (15/29 hielten Probleme vom Patienten fern), gleichzeitig zeigten sich selten mehr Konflikte (21/29) und bei einem Teil verbesserte sich das Verhältnis (10/29).

Schlussfolgerungen: Die Lebensumstände können auch für Angehörige relativ gut sein. In unserer Studie waren Depressionen selten und die Lebensqualität der Pflegenden war gut. Das Verhältnis von Patienten und Angehörigen war meist zufrieden stellend. Die Pflege wurde als wichtig und lohnend empfunden. Jedoch bestand bei vielen Angehörigen ein dringendes Bedürfnis nach mehr Informationen bezüglich der Pflege und nach mehr Kontakt zu anderen Betroffenen. Gerade in Bezug darauf können Ärzte und Pflegepersonal Hilfestellung geben.