Aktuelle Neurologie 2007; 34 - P695
DOI: 10.1055/s-2007-987965

Metabolische, serologische, respiratorische und kardiale Veränderungen bei ALS-Patienten innerhalb 1 Woche nach PEG-Anlage und enteralem Kostaufbau

J Reichle 1, J Dorst 1, HJ Gdynia 1, AD Sperfeld 1, AC Ludolph 1, P Kühnlein 1
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Hintergrund: Mangelernährung gilt als unabhängiger prognostischer Faktor der ALS. Bei symptomatischer Dysphagie und Gewichtsverlust ist eine enterale Ernährung indiziert. Verschiedene Studien fanden eine Mortalität von bis zu 25% innerhalb der ersten 4 Wochen nach Sondenanlage. Neben einem Refeeding-Syndrom mit Elektrolytverschiebungen und resultierender Belastung des Herz-Kreislauf- und respiratorischen Systems kann eine mechanische Beeinträchtigung der Atmung durch ungewohnte Magenfüllung bei ohnehin meist kritischer respiratorischer Situation verantwortlich sein.

Methoden: Kontrollierte alternierende single-centre-Pilotstudie. Vergleich zweier Kostaufbaupläne (2250kcal vs. 1500kcal nach 5 Tagen; Volumen jeweils 1500ml/d). Wasser über Sonde oder falls möglich oral ad libidum. Zweitägige Bestimmung der Elektrolyte, Retentionswerte, CK, Blutbild sowie Lungenfunktion, Atemfrequenz, BGA und EKG.

Ergebnisse: Die Gruppen unterschieden sich nicht in demographischen Daten. Es fanden sich keine signifikanten Unterschiede der Messparameter zwischen den Gruppen. In der Gesamtstichprobe fiel im Verlauf ein signifikanter Abfall des Natriums und des Phosphats, jedoch nicht in substitutionspflichtigem Ausmass, auf.

Schlussfolgerung: Im Rahmen des Kostaufbaus kommt es unabhängig vom angewendeten Regime zu Elektrolytveränderungen, die nicht substitutionspflichtig waren. Es fand sich ein signifikanter Abfall des Serumphosphats, was eine zentrale Stellung in der Pathophysiologie des Refeeding-Syndroms darstellt. Eine solche Komplikation haben wir in unserem Kollektiv nicht beobachtet. Weitere Elektrolytveränderungen, relevante EKG-Veränderungen oder eine Frühmortalität innerhalb der ersten 10 Tage fanden sich nicht. Obwohl unsere Daten dieses nicht signifikant belegen konnten, empfehlen wir bei Patienten mit kritischer Lungenfunktion vor der PEG-Anlage eine NIV-Anpassung. Nebenwirkungen wie Übelkeit, Völlegefühl, Blähungen treten eher bei Patienten mit vor PEG-Anlage bereits deutlich reduzierter Nahrungsaufnahme auf und sprechen gut auf Prokinetika an.