Aktuelle Neurologie 2007; 34 - P691
DOI: 10.1055/s-2007-987962

Elektromyografische Untersuchungen zum Ansatz bei Blechbläsern

B Brinker 1, H Hielscher 1
  • 1Cottbus, Gelsenkirchen

Bei Blechbläsern wird die Tonbildung bzgl. Intonation, Sicherheit im Anstoß und Qualität wesentlich durch die Lippenspannung und den Luftstrom bewirkt. Diese wird von der perioralen Muskulatur erzeugt. Auch die Ausdauer im Spiel, die besonders bei professionellen Musikern von Bedeutung ist, wird von einer ökonomischen Muskelarbeit bestimmt. Bei unwillkürlich eingeübten und nicht frühzeitig korrigierten Fehlbelastungen kann es im Verlauf eines Berufslebens zu mangelhafter, bis zur Berufsunfähigkeit führender Leistung kommen. Messbare Parameter der Muskelaktivität im Kopf- und Halsmuskelbereich fehlen bislang weitgehend. An 23 professionellen Trompetern (Orchestermusiker, Musikhochschuldozenten, Musikstudenten an Hochschulen, freischaffende Musiker) wurde mittels Oberflächenelektroden die elektromyografische Aktivität von perioralen Muskeln und Halsmuskeln abgeleitet sowie elektronisch quantifiziert. Die Ableitungen erfolgten während gehaltener Töne in verschiedenen Höhen und Lautstärken. Bei allen Musikern fand sich unabhängig von der Tonhöhe eine deutlich stärkere Aktivität im Bereich der perioralen Unterlippenmuskulatur im Vergleich zur Oberlippe. Die Aktivitätssteigerung korrelierte mit der Tonhöhe und Lautstärke. Die tonhöhenabhängige Aktivitätssteigerung war im Bereich der Unterlippenmuskulatur am größten. Trotz des Namens „Trompetermuskel“ zeigte der M. buccinator nur eine vergleichsweise geringe Aktivität. Entgegen der Erwartung beim Spielen höherer Töne, bei denen, besonders bei weniger ausdauernden Blechbläsern, das Mundstück oft fester an die Lippen gepresst wird und deshalb der Kopf durch anteflektierende Muskeln stabilisiert werden muss, fand sich bei unserem Kollektiv hochqualifizierter Trompeter keine ausgeprägte Zunahme der Aktivität des M. sternocleidomastoideus. Bei der Berufsstruktur des untersuchten Kollektivs kann man davon ausgehen, dass das ermittelte Aktivitätsmuster der verschiedenen Muskeln als beispielhaft für die Erlernung eines Blechblasinstrumentes zu betrachten ist. Damit ist eine physiologische Grundlage für den musikpädagogischen Instrumentalunterricht und für die Korrektur bei Ansatzproblemen im Beruf stehender Musikern vorgelegt. Die Methode kann evtl. als Biofeedback an Musikhochschulen eingesetzt werden.