Aktuelle Neurologie 2007; 34 - P658
DOI: 10.1055/s-2007-987929

Morbus Crohn assoziierte zerebrale Vaskulitis

K Plenagl 1, K Bruckmaier 1, L Esposito 1, H Poppert 1
  • 1München

Eine 28-jährige Patientin stellte sich mit V.a. einen seit 6 Wochen bestehenden Status migränosus mit rezidivierender Fokalneurologie im Sinne von Sensibilitätsstörungen der linken Hand sowie einer Schwäche der rechten Hand vor. Seit 9 Jahren ist eine Migräne mit Aura mit etwa 4 Migräneattacken/Monat sowie seit 12 Jahren ein Morbus Crohn mit extraintestinaler Beteiligung (Vormedikation mit Azathioprin bis vor 4 Monaten mit Leberenzymerhöhung; danach orales Ausschleichen von Prednisolon) bekannt. Kernspintomografisch zeigten sich multiple frische, subakute und ältere ischämische Veränderungen in beiden Hemisphären. Zudem waren supratentorielle T2-Hyperintensitäten im Bereich des Balkens nachweisbar, entsprechend einer entzündlichen Entmarkungserkrankung. MR-angiografisch imponierte ein irreguläres Flusssignal im Bereich der A. cerebri media rechts. Passend hierzu zeigte sich dopplersonografisch eine Flussbeschleunigung im Übergangsbereich der distalen A. carotis interna-A. cerebri media rechts. Es erfolgte eine Lumbalpunktion, die eine lymphomonozytäre Pleozytose mit 66 Zellen/ul bei diskreter Schrankenstörung zeigte.

Unter dem V.a. eine Vaskulitis erfolgte am Aufnahmetag eine Antikoagulation mit Heparin und eine Prednisolongabe (intravenös 1000mg/d). Hierunter war die Patientin am Folgetag subjektiv beschwerdefrei und neurologisch unauffällig. Im Verlauf erfolgte eine Umstellung auf Prednisolon oral 1mg/kg KG und Clopidogrel bei bestehender ASS-Allergie.

Differentialdiagnostisch zu diskutieren wäre eine kardioembolische Genese der Ischämien; eine kardiologische Abklärung war jedoch völlig unauffällig. Ebenso wären migränöse Infarkte denkbar; dagegen spricht jedoch das untypische Verteilungsmuster sowie die Zellzahlerhöhung im Liquor.

Zusätzlich sind die T2-hyperintensen Läsionen im Bereich des Balkens bildmorphologisch im Sinne einer chronisch entzündlichen ZNS-Erkrankung zu sehen.

Ätiologisch gehen wir von einer zerebralen Vaskulitis aus, wobei vorrangig an eine seltene M. Crohn assoziierte Vaskulitis zu denken ist. Für unsere Verdachtsdiagnose spricht v.a. die Vorgeschichte des M. Crohn (Einzelfälle in der Literatur beschrieben), das insgesamt geringe kardiovaskuläre Risikoprofil, der Beginn der prolongierten Symptomatik unter Reduktion der vorbestehenden Prednisolontherapie, die Mehrzeitigkeit der Ischämien sowie das prompte Ansprechen auf die intravenöse Prednisolontherapie.