Aktuelle Neurologie 2007; 34 - P647
DOI: 10.1055/s-2007-987918

Polyneuropathie durch Hyperparathyreoidismus?

U Schmidt 1, F Müller-Sarnowski 1, A Dzaja 1, E Zils 1, F Weber 1
  • 1München

Der Hyperparathyreoidismus wird sporadisch als seltene Ursache von Polyneuropathien diskutiert. In drei Fallberichten remittierten die neurologischen Symptome nach chirurgischer Intervention ad integrum, so dass ein kausaler Zusammenhang als gesichert gelten darf. Eine konkrete Theorie zur Pathophysiologie existiert bislang nicht.

Wir berichten über einen Fall einer Polyneuropathie (PNP), als deren wesentliche Ursache wir einen Hyperparathyreoidismus annehmen.

Der 80-jährige Patient leidet seit einem Jahr unter einer progredienten Ataxie, die vorwiegend durch eine hochgradige, beinbetonte, axonale sensomotorische PNP bedingt ist. Darüber hinaus sind ein oral behandelter Diabetes mellitus Typ II, ein Vorhofflimmern, eine Hypertonie und Makroangiopathie sowie leichte kognitive Defizite erwähnenswert. Seit ca. 5 Jahren ist ein als primär eingestufter Hyperparathyreoidismus bekannt, der mit Calcitonin behandelt wurde. Das iPTH war auf 249 pg/ml erhöht, der Calciumspiegel lag bei mehrfachen Kontrollen stets um 3mmol/l.

Der Diabetes mellitus war angesichts eines nur leicht erhöhten HbA1c und einem unauffälligen Blutzuckertagesprofil über 5 Tage gut eingestellt. Die Spiegel von Folsäure und Vitamin B12 lagen ebenso wie die Schilddrüsenhormone in der Norm. Die Retentionsparameter waren bei Aufnahme leicht erhöht und fielen im Verlauf ab. Eine Nephrokalzinose war in der Vergangenheit sonographisch nicht aufgefallen. Eigen- und fremdanamnestisch wurde ein erhöhter Alkoholkonsum glaubhaft ausgeschlossen. Die GGT war bei normalen Transaminasen leicht erhöht und während des stationären Aufenthaltes konstant. Eine Hepatitisserologie fiel negativ aus. In einer Liquorpunktion fand sich kein Anhalt für ein zentral-entzündliches Geschehen (Zellzahl, Gesamteiweiß, Lactat und Glucose in der Norm; spez. AK-Indices Borellien o.B.). Eine Vaskulitisserologie und ein HIV-Suchtest ergaben unauffällige Befunde.

Der beschriebene Patient teilt mit früheren Fallberichten das fortgeschrittene Alter, Areflexie, Ataxie und kognitive Defizite. Auch wenn es bisher lediglich einzelne Fallberichte gibt und eine zufriedenstellende pathophysiologische Erklärung fehlt, sollte der Hyperparathyreoidismus bei der Differentialdiagnose der PNP als seltene Ursache berücksichtigt werden.