Aktuelle Neurologie 2007; 34 - P643
DOI: 10.1055/s-2007-987914

Posteriores reversibles Encephalopathiesyndrom (PRES) bei systemischem Lupus erythematodes (SLE)

W Dietrich 1, S Lamprecht 1, T Schrauzer 1, S John 1, F Erbguth 1
  • 1Nürnberg

Neben der missverständlichen Begriffsprägung der „Posterioren reversiblen Leukenzephalopathie“, die weder auf die weiße Substanz noch posteriore Hirnabschnitte beschränkt ist und in ein irreversibles zytotoxisches Ödem übergehen kann, stellt sich aufgrund der multifaktoriellen Genese und der unterschiedlichen klinischen Ausprägung bei manchen Patienten die Frage nach der über die konsequente Blutdrucksenkung hinausgehenden adäquaten Therapie. Insbesondere das Auftreten im Zusammenhang mit einem Lupus erythematodes ist bislang wenig beachtet.

Eine 32-jährige Patientin mit SLE und Immunsuppression mit Steroiden und Ciclosporin A wurde nach erstmaligem Grand-Mal-Anfall aufgenommen. Anamnestisch bestand eine chronische Niereninsuffizienz bei Lupus-Nephritis III° und ein arterieller Hypertonus. MR-tomographisch zeigte sich an Tag 3 ein ausgedehntes vasogenes Ödem mit posteriorer Betonung. Im Verlauf war infolge einer Anfallsserie mit interiktaler starker Agitation, rezidivierenden hypertensiven Entgleisungen und schließlich zunehmender Vigilanzminderung bis hin zum Koma eine intensivmedizinische Behandlung erforderlich. Es erfolgte eine konsequente Blutdrucksenkung auf MAP-Werte unter 90mmHg, eine antikonvulsive Therapie und eine Immunsuppression mit Steroiden und Cyclophosphamid. Ciclosporin A wurde abgesetzt. Auf eine hirndrucksenkende Osmotherapie wurde bei steigenden Retentionswerten verzichtet. Im Verlauf bildete sich das vasogene Ödem langsam zurück und die Pat. konnte nach 4 Tagen extubiert werden. Bei Verlegung zur Rehabilitation nach 4 Wochen bestand noch eine hochgradige beidseitige zentral bedingte Visusstörung und eine Hemiparese rechts. Im Verlaufs-MRT zeigten sich korrelierend zytotoxische Ödemzonen in der beiderseitigen Sehrinde.

Die geschilderte Kasuistik verdient in zweierlei Hinsicht Aufmerksamkeit. Einerseits kristallisieren sich unter Berücksichtigung anderer bereits publizierter Kasuistiken zwei Gruppen von Patienten mit PRES bei SLE heraus: 1) PRES als Folge der Lupus-Aktivität und 2) PRES als Folge einer Immunmodulation mit Calcineurin-Inhibitoren oder Rituximab. Während erstere von einer Immunsuppression mit Steroiden und Cyclophosphamid profitieren, erfordert letztere Gruppe das Absetzen der Immunmodulation und eine konsequente Blutdrucktherapie.

Darüberhinaus muss jedoch auch der Nutzen einer aggressiven hirndrucksenkenden Therapie und insbesondere der Stellenwert der Osmotherapie bei Patienten mit schwerem PRES kritisch hinterfragt werden.