Aktuelle Neurologie 2007; 34 - P569
DOI: 10.1055/s-2007-987840

Schmerz, Depressivität und Angst

C Maier 1, U Gockel 1
  • 1Bochum, Karlsruhe

Genau wie Hören oder Sehen ist auch das Schmerzempfinden eine Form der Wahrnehmung. Schmerz entsteht durch Reize wie Kälte, Hitze oder auch eine Verletzung oder Entzündung. Über Schmerzrezeptoren über Nerven und das Rückenmark wird die Information „Schmerz“ bis ins Gehirn, zum Thalamus, weitergeleitet. Diese Region gibt den Schmerz dann an die Hirnrinde weiter, die für das körperliche Fühlen zuständig ist. Die wechselseitige Erregung verschiedener Hirnareale führt schließlich dazu, dass der Mensch den Schmerz als unangenehm empfindet. Das Schmerzempfinden ist aber auch stark abhängig von anderen Faktoren wie z.B. Stress und Angst. Neben Schmerzen gehört Angst zu einer der stärksten negativen Empfindungen. Angst und Furcht vor Schmerzen können das Schmerzerleben stark beeinflussen. Es besteht eine hohe Komorbidität zwischen Angststörungen und chronischen Schmerzen. Diese Zusammenhänge lassen sich durch moderne Bildgebungsverfahren wie der funktionellen Magnetresonanztomographie (fMRT) auch direkt nachweisen.[1] In der Literatur findet man viele Studien, die sich mit dieser Thematik auseinander setzen. Relativ wenig untersucht ist dagegen, die Abhängigkeit dieser Commorbitäten von der Art der Schmerzerkrankung.

In einem Zeitraum von drei Monaten wurden daher Patienten in einer universitären Schmerzambulanz mittels HADS-Fragebogens2, eines Fragebogeninstrument zur Selbstbeurteilung von Angst und Depressivität bei Erwachsenen mit körperlichen Beschwerden bzw. Erkrankungen, befragt.

219 Patientenbögen mit den dazugehörigen Diagnosen (rheumatoide Arthritis 14,3%, CRPS 17,1%, Depression 11,4%, Fibromyalgie 16,2% periphäre Neuralgie 31,9% und Polyneuropathie 9%) lagen zur Auswertung vor. Das Durchschnittsalter der Patienten betrug 52,6 Jahre. Von den Befragten waren 39,5% männlich und 60,5% weiblichen Geschlechts. Bei der Analyse der HADS-Fragebögen zeigt sich, dass Angst und Depressivität abhängig von der Art der Schmerzerkrankung sind. Von den nozizeptiven Schmerzpatienten mit rheumatoider Arthritis haben nur 13,3% eine erhöhte Depressivität und Ängstlichkeit. Dagegen weisen 35,2% der neuropathischen Schmerzpatienten eine erhöhte Ängstlichkeit und 41,8% eine erhöhte Depressivität auf. Eine auffällig erhöhte Ängstlichkeit zeigen 50% der Fibromyalgiepatienten, der Anteil mit erhöhter Depressivität von betrug 38,2%.

1 Ochsner K N, Ludlow D H, Knierim K, Hanelin J, Ramachandran T, Glover G C, Mackey S C: Neural correlates of individual differences in pain-related fear and anxiety. Pain (2006) 69–77

2 B Kappis, F Petrak, J Hardt, R Nickel, B Schmidt, UT Egle, Auf der Suche nach Angst und Depression: HADS-D bei SchmerzpatientenPsychother Psych Med (2005); 55