Aktuelle Neurologie 2007; 34 - P470
DOI: 10.1055/s-2007-987741

Circadiane Variationen in der visuo-motorischen Regulation feiner Griffkräfte beim Tracking

I Jasper 1, M Peters 1, R Dietrich 1, J Hermsdörfer 1
  • 1München, Berlin

Fragestellung: Viele menschliche Leistungen sind von der Tageszeit beeinflusst. Die Produktion von Maximalkräften folgt einem circadianen Rhythmus ebenso wie die präzise Anpassung einer Führungsgröße an eine unbeständige Zielvorgabe (Tracking) mittels eines Joysticks. In unserem Alltag sind neben visuo-motorischer Koordination von Finger- und Handbewegungen auch die präzise Regulation von Griffkräften gefordert. Diese Studie untersucht, ob die Griffkraftkontrolle während einer Trackingaufgabe und die Geschwindigkeit von Kraftwechseln circadiane Variationen aufweisen.

Methode: 6 gesunde männliche Probanden (M=25,5 Jahre) wurden in einem Constant Routine Protokoll unter Ausschluss externaler Zeitgeber über 28 Stunden untersucht. Als circadiane Phasenmarker wurden das Melatonin, die sublinguale Temperatur und die subjektive Müdigkeit erhoben. In einem Intervall von 2 Stunden wurden Aufgaben zur sensomotorischen Kraftkontrolle durchgeführt. Bei einer Trackingaufgabe zur dynamischen Präzision feinmotorischer Kraftkontrolle war die Griffkraft mithilfe visuellen Feedbacks an eine sinusförmige Zielvorgabe anzupassen. Die Geschwindigkeit der Kraftwechsel wurde durch Erhöhen und Reduzieren der Griffkraft in möglichst schnellem Wechsel erhoben.

Ergebnisse: Sowohl das Melatonin als auch die Temperatur zeigten einen circadianen Rhythmus. Die subjektive Müdigkeit reflektierte den Effekt der Schlafdeprivation. Die Leistung der Trackingaufgabe (Tracking-Fehler) schwankte im Tagesverlauf (p<0,001). Im Verlauf des Abends verbesserte sich die Präzision der Anpassung, mit einem Höhepunkt gegen 1:00 Uhr nachts. Die Tracking-Leistung erreichte ihren Tiefpunkt um 9:00 Uhr morgens. Die Frequenz der schnellen Kraftwechsel blieb über die Wiederholungsmessungen weitgehend stabil (p=0,564).

Diskussion: Die präzise Anpassung der Griffkraft in einer Trackingaufgabe weist einen circadianen Rhythmus mit einem nächtlichen Maximum und einem morgendlichen Tiefpunkt auf. Der Rhythmus der Trackingaufgabe ist damit um genau einen Messzeitpunkt (2h) gegenüber dem Rhythmus einer Reaktionszeitaufgabe verschoben, die in derselben Constant Routine durchgeführt wurde. Die Ergebnisse spiegeln außerdem die circadianen Variationen früherer Befunde von Tracking-Leistungen wieder. Die relative Stabilität in der Leistung der schnellen Kraftwechsel bestätigt eine weitgehende Unabhängigkeit klinischer Diadochokinese-Tests von der Tageszeit.

Gefördert durch die Gottlieb Daimler- und Karl Benz-Stiftung.