Aktuelle Neurologie 2007; 34 - P462
DOI: 10.1055/s-2007-987733

Greifen zum Transport versus Greifen zum Gebrauch: Effekte von Apraxie

J Randerath 1, Y Li 1, G Goldenberg 1, J Hermsdörfer 1
  • 1München

Einführung: Aus Studien mit gesunden Probanden ist bekannt, dass für das effiziente Ergreifen eines Objektes (z.B. einem Hammer) im alltäglichen Gebrauch semantisches Wissen notwendig ist. Bei Patienten mit Apraxie im Objektgebrauch ist der Abruf von semantischem Objektwissen gestört. Diese Studie untersucht, ob diese Störung auch Auswirkungen auf das motorische Programm beim Ergreifen eines Objektes hat.

Methoden: Untersucht wurden 12 Schlaganfall-Patienten mit linksseitigen (N=7) und rechtsseitigen Läsionen (N=4) in der ipsiläsionalen Hand. Von den linksseitig betroffenen Patienten zeigten 4 eine ausgeprägte Apraxie im Objektgebrauch. Zudem wurden 8 Kontrollprobanden zur Hälfte in der linken bzw. rechten Hand getestet. Die Teilnehmer erhielten die Aufgabe, vorgelegte Objekte aus dem Alltag zu ergreifen und dann entweder in eine Ablage zu transportieren oder ihre Benutzung zu demonstrieren. Jedes Objekt wurde pro Bedingung viermal vorgelegt, zweimal mit dem Objektgriff und zweimal mit dem Objektkopf in Richtung des Probanden.

Ergebnisse: Beim Transport und auch beim Gebrauch wird beim Ergreifen zumeist ein gerade vorwärts gerichteter Handgriff (0–25% Abweichungen) angewendet für den Fall, dass das Objekt mit dem Griff zur Person liegt. Liegt bei der Transportaufgabe der Objektkopf in Richtung Proband, so zeigt sich bei allen Probanden ein variables Verhalten in der Handhaltung. Beim Gebrauch benutzen gesunde Probanden und Patienten ohne Apraxie in der Regel einen gedrehten Handgriff (0–25% Abweichungen), wenn der Objektkopf in Richtung Person liegt. Bei Patienten mit Apraxie zeigte sich bei dieser Bedingung insgesamt ein vermehrtes Auftreten ineffizienter Handhaltungen beim Ergreifen (19–88% Abweichungen).

Schlussfolgerung: Die höhere Abweichungsquote bei Apraxiepatienten legt nahe, dass beim Objektgebrauch das semantische Objektwissen bereits für ein angemessenes Ergreifen benötigt wird. Wenn das Objekt mit dem Kopf zum Probanden zeigt, vereinfacht eine gedrehte Handhaltung beim Ergreifen in der Regel den Übergang zur Objektbenutzung. Bewertet man die Ökonomie der Greifhaltung, so verringern sich die Abweichungen bei den Kontrollprobanden in dieser Bedingung weiter auf 0–6%. Aus der geraden Handhaltung heraus wendeten sie hier im Gegensatz zu den Apraxiepatienten eine effiziente Flippbewegung an, die flüssig zur Gebrauchsbewegung führte. Apraxiepatienten zeigen weniger Effizienz beim Übergang vom Ergreifen zu einer Benutzung des Objektes.