Aktuelle Neurologie 2007; 34 - P433
DOI: 10.1055/s-2007-987704

Die Klinik ist eben doch führend – Detektion eines Hirninfarktes erst nach der 3. Epi-Sequenz innerhalb von 2 Tagen

U Pulkowski 1, G Brinkmann 1, H Henningsen 1
  • 1Lüneburg

Wir berichten über einen Patienten, der seit wenigen Tagen unter linksseitigen Kopfschmerzen litt und notfallmäßig mit einer subakut über 2 Stunden aufgetretenen Gang- und Standataxie, einer Sensibilitätsstörung der linken Gesichtshälfte und Heiserkeit auf die Stroke Unit aufgenommen wurde.

Im akut durchgeführten Schlaganfall-MRT -„Kurzprogramm“ (T2-Tirm, DWI, ADC) zeigte sich kein Korrelat einer frischen, medullär vermuteten Ischämie; auch die am selben Abend umfangreiche MRT inklusive Wiederholung der morgendlichen DWI -Sequenzen erbrachte eine unauffälligen Befund.

Am Folgetag wurde deshalb eine umfassende laborchemische, liquordiagnostische und technische Differentialdiagnostik einer subakuten Ataxie mit Hirnnervenstörung initiiert.

Da der klinisch-neurologische Befund am Folgetag progredient war und topodiagnostisch nach wie vor ein Infarkt im Bereich der linksseitigen Medulla oblongata am wahrscheinlichsten erschien, wurde die 3. Kernspinuntersuchung innerhalb von 2 Tagen durchgeführt, diesmal ergänzt durch eine koronare DWI-Sequenz sowie durch eine MR-Angiographie, wo sich in der koronaren DWI-Sequenz in der Medulla oblongata links eine kleine frische Ischämie darstellte. Zusätzlich zeigte sich im V4-Segment links eine Stenosierung, die wir bei ansonsten unauffälligem Gefäßstatus im Sinne einer Dissektion werteten und somit anhand der Klinik und der Bildgebung die Diagnose eines inkompletten Wallenberg-Syndroms bei Medulla-oblongata-Infarkt nach isolierter Dissektion im V4-Segment stellen.

Zusätzlich werden 2 weitere Patienten mit Hirnstammsyndromen und unauffälliger transversaler Epi-Sequenz vorgestellt, bei denen in der im Verlauf angefertigten koronaren Epi-Sequenz eine frische Ischämie im Hirnstamm detektiert werden konnte.

Schlussfolgerung: Zusammenfassend stellen wir drei Patienten mit Hirnstammsyndromen vor, deren transversale Epi-Sequenz einen unauffälligen Befund ergab. Der Kliniker sollte seinen topodiagnostischen Kenntnissen trotz widersprüchlicher bildgebender Untersuchungen vertrauen und konsequent die aus seiner Sicht richtungsweisende Diagnose erzwingen, notfalls auch durch die Wiederholung des MRTs. Kleine infratentorielle DWI-Läsionen können im transversalen Bild im MRT nicht nachweisbar sein oder als Artefakt fehlinterpretiert werden und somit den Weg zur richtigen Diagnose verstellen. Als Konsequenz ergänzen wir bei klinischem Verdacht auf akute infratentorielle Infarkte routinemäßig die koronare Epi-Sequenz zur Hirnstammbeurteilung.