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DOI: 10.1055/s-2007-987700
Akute porphyrische Attacke mit vegetativer Krise, zerebraler Beteiligung und hochgradiger Polyneuropathie
Berichtet wird über eine 20 Jahre alte Patientin aus Pakistan, die 10 Tage nach der Geburt des ersten Kindes über diffuse Unterbauchschmerzen klagte. Direkt nach der Geburt war ein unklarer Hämoglobinabfall aufgefallen. Im Bereich der Episiotomienaht zeigte sich eine Wundheilungsstörung mit einem paravaginalen Abszess. Unter antibiotischer Abdeckung kam es zu einer Hyponatriämie bis 110mmol/l, einer Sinustachykardie, psychischen Auffälligkeiten und einer hochgradigen Tetraparese, so dass die Patientin auf die neurologische Intensivstation übernommen wurde. Klinisch zeigte sich eine schlaffe, proximal betonte, mittel- bis hochgradige Tetraparese mit erloschenen Eigenreflexen. Die Patientin klagte über kolikartige Abdominalbeschwerden und brennende Schmerzen an allen Extremitäten. Weiterhin bestanden eine Abgeschlagenheit und eine Antriebslosigkeit. Der Urin im Katheterbeutel war rot gefärbt, im Blasenkatheter unauffällig. Im Urin fand sich eine extrem hohe Ausscheidung der Hämpräkursoren Delta-Aminolävulinsäure (ALA) und Porphobilinogen (PBG) bei normaler Ausscheidung von Porphyrinen im Stuhl und einer signifikant verminderten Aktivität der Porphobilinogen-Desaminase im Serum.
Der Liquor sowie die Kernspintomographie der Neuroachse waren unauffällig. Elektrophysiologisch zeigte sich eine sensomotorische, axonale Neuropathie.
Unter der Diagnose einer akuten intermittierenden Porphyrie erfolgte eine Therapie mit wiederholten intravenösen Gaben von Hämarginat, wodurch ein deutlicher Abfall der ALA- und PBG-Exkretion im Urin erzielt wurde. Dennoch verschlechterte sich die Polyneuropathie bis hin zu einer hochgradigen Tetraparese mit Beteiligung der Atemmuskulatur und einer Dysphagie, so dass eine Schutztracheotomie erforderlich wurde. Erst nach 2 Monaten kam es zu einer langsamen Besserung der Symptomatik. Anamnestisch seien bereits vor 3 Jahren Abdominalkoliken unklarer Ätiologie aufgetreten.
Als Auslöser der akuten pophyrischen Krise kommen die hormonelle Umstellung durch die Geburt, der nachgewiesene Hb-Abfall und die antibiotische Therapie des Paravaginalabszesses u.a. mit Metronidazol in Unkenntnis der bestehenden Stoffwechselstörung in Betracht.