Aktuelle Neurologie 2007; 34 - P423
DOI: 10.1055/s-2007-987694

Transiente dilatative Stress-Kardiomyopathie nach erstmaligem generalisierten epileptischen Anfall

H Kazarians 1, J Schwabe 1, J Reimers 1, P Vogel 1, C Arning 1
  • 1Hamburg

Ein 45-jähriger Patient erlitt einen erstmaligen generalisierten epiletptischen Anfall, die im Anschluss durchgeführte neurologische Untersuchung war unauffällig. Komplizierend zeigten sich im Elektrokardiogramm Erregungsrückbildungsstörungen, ein erhöhtes Troponin T im Plasma und eine echokardiographisch eingeschränkte linksventrikuläre Funktion, ohne dass angiographisch eine koronare Herzkrankheit oder koronare Vasospasmen nachzuweisen waren, jedoch ein kugelig veränderter, ballonierter linker Ventrikel mit deutlich eingeschränkter Ejektionsfraktion. Im Verlauf kam es zu einer vollständigen Rückbildung der kardialen Befunde auch nach Absetzen kardioprotektiver Medikation. Als Ursache des epileptischen Anfalls ließ sich ein hirneigener astrozytärer Tumor rechtstemporal in der zerebralen Kernspintomographie darstellen.

Der Fallbericht dokumentiert das seltene Auftreten einer passageren linkskardialen Dysfunktion mit den typischen Kriterien einer Stress-Kardiomyopathie nach einmaligem epileptischem Anfall ohne Nachweis einer entzündlichen oder durch eine koronare Makroangiopathie bedingten Ursache. Vergleichbar erscheint diese Kardiomyopathie dem Tako-Tsubo-Syndrom, einer außerhalb Japans bislang selten beschriebenen Kardiomyopathie mit mehr apikal betonter Ventrikelakinese, die auch durch psychophysische Stressoren ausgelöst werden kann und eine ebenfalls günstige Prognose aufweist.

Während kardiale Komplikationen nach kritischen neurologischen Erkrankungen wie Subarachnoidalblutungen oder Serien epileptischer Anfälle gut bekannt sind, ist die Manifestation einer dem Tako-Tsubo-Syndrom vergleichbaren Stress-Kardiomyopathie nach einem einzelnen epileptischen Anfall bislang kaum beschrieben.

Die Koinzidenz der neurologischen Akuterkrankung mit den kardialen Befunden ist dabei nicht nur ein elektrophysiologischen Phänomen, sondern wahrscheinlich Ausdruck einer zentralnervös sympathikoton und neuroendokrin verursachten myokardialen Schädigung.

Die Kasuistik zeigt einmal mehr die enge Beziehung zwischen Herz und Gehirn: Wenn nach einem epileptischen Anfall eine Kardiomyopathie auftritt, sollte an die Möglichkeit einer transienten Stresskardiomyopathie gedacht werden und die Notwendigkeit der weiteren neurologischen Diagnostik – in unserem Fall der Nachweis eines symptomatischen Hirntumors – nicht vernachlässigt werden.