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DOI: 10.1055/s-2007-987690
Gefährliche Komplikationen der milden Hypothermie
Ein 53-jähriger Mann wurde mit einer rechtsseitigen Hemiplegie und schwerer nicht-flüssigen Aphasie, verursacht durch einen M1-Verschluss der linken A. cerebri media, auf unsere neurologische Intensivstation aufgenommen. Der Patient entwickelte ein progredientes, post-ischämisches Hirnödem bei malignem Media-Infarkt. Er wurde intubiert, mechanisch beatmet, analgosediert (Sufentanil, Midazolam), relaxiert (Atracurium) und mit milder Hypothermie (Zieltemperatur: 33°C) behandelt.
Der intrakranielle Druck wurde mittels intraparenchymaler Hirndrucksonde überwacht.
Nach 30 Stunden milder Hypothermie kam es zu einer Asystolie gefolgt von einer elektromechanischen Entkopplung. Die kardiopulmonale Reanimation war nach sehr kurzer Zeit erfolgreich. Im Verlauf dieses Tages entwickelte der Patient eine Laktatazidose (maximales Laktat 12mmol/l). Es konnte kein anderer Grund für die Azidose als die Reanimation gefunden werden. Trotz maximalen Gebrauchs von Puffersubstanzen (Tromethamin und Natriumbicarbonat) stieg der Bedarf an Katecholaminen (Norepinephrin, Dobutamin) so stark innerhalb von einigen Stunden an, dass der Patient am 4. Tag verstarb.
Herzrhythmusstörungen, insbesondere Bradykardien, und elektromechanische Entkopplung, die zu arterieller Hypotension und Kreislaufstillstand führen, sind bekannte Komplikationen bei akzidenteller und therapeutischer tiefer Hypothermie. Ein Herzkreislaufstillstand fördert die Gewebehypoxie und führt zu Laktatproduktion mit teils schwer kontrollierbarer Laktatazidose. Obwohl die gleichen pathophysiologischen Prozesse bei tiefer und milder Hypothermie vorliegen, ist es unklar, warum mit milder Hypothermie behandelte Patienten nur selten schwere Arrhythmien oder Azidosen entwickeln. Ursächlich mag eine unterschiedliche Empfindlichkeit der Enzyme des Energiemetabolismus und des kardialen Reizleitungssystems gegenüber Temperaturveränderungen sein. Bisher existieren keine Berichte über reanimationspflichtige Herzrhythmusstörungen bei milder therapeutischer Hypothermie, die zu einer letalen Laktatazidose führen.