Aktuelle Neurologie 2007; 34 - P401
DOI: 10.1055/s-2007-987672

Einfluss der Tiefen Hirnstimulation des Thalamus auf Blicksakkaden

W Hutchison 1, E Gonzales 1, M Steinbach 1, J Noth 1, E Moro 1, J Sharpe 1, A Lozano 1, M Kronenbuerger 1
  • 1Toronto, CAN; Aachen

Funktionelle Bildgebung [1] und Mikroelekrodenableitungen beim Menschen [2] legen eine Beteiligung des ventrolateralen Thalamus (VLT) bei Blicksakkaden nahe. Die Tiefe Hirnstimulation (THS) des VLT ist eine etablierte Therapie zur Behandlung von essentiellem Tremor (ET). Augenbewegungsstörungen sind keine typische Nebenwirkung der THS des VLT, wobei subklinische Veränderungen durch gezielte Untersuchungen nicht ausgeschlossen sind. Diese Untersuchungen könnten aber dazu beitragen neuronale Strukturen, die bei der Steuerung von Augenbewegungen beteiligt sind, weiter zu erforschen.

Bei 4 ET Patienten (67±18 Jahre) mit THS (2 links-, 2 rechtshemisphärische VLT-Elektroden) wurden 5,5±2,0 Jahre nach OP visuell geführte Blicksakkaden (20 Grad nach rechts und links) mit THS-AN und -AUS (Stimulationsparameter: 3,3±0,4 Volt; 75,0±17,3µs, 185,0±0,0Hz) in randomisierter Reihenfolge untersucht. Vier gesunde Kontrollpersonen (66±15 Jahre) wurden im Vergleich untersucht. Die Augenbewegungen wurden mit einem Infrarot-Kamerasystem und Spike2-Software aufgezeichnet. Die Latenzen der Augenbewegungsinitiierung, das Verhältnis zwischen Amplitude der Primärsakkade und der endgültigen Augenposition (Primary-Saccadic-Gain PSG) sowie die Anzahl hypo-/hypermetrischer Sakkaden wurden nach etablierten Kriterien (3) off-line ausgewertet.

Bei THS-AN wurde der PSG der Sakkaden von der stimulierten Gehirnseite weg (contraversiv) gegenüber THS-AUS geringer (siehe Abbildung) und es traten vermehrt hypometrische Primär-Sakkaden auf. In entgegen gesetzter Richtung (ipsiversiv) waren keine signifikanten Veränderungen zu verzeichnen. Die Latenzen wie auch die Anzahl der ausgelassenen Sakkaden unterschieden sich nicht zwischen THS-AN und THS-AUS.

Die Befunde bei THS-AN erinnern an die von Läsionen im hinteren Thalamus (4). Die Ergebnisse sind eher nicht auf einen Neglect zurückzuführen, da keine vermehrten Auslassungen oder Veränderungen der Latenzen auftraten. Möglicherweise beeinflusst die THS deszendierende Faserbündel vom frontalen Augenfeld über den Thalamus zum Colliculus superior oder aszendierende cerebelläre Projektionen zum Kortex.

Literatur

1Matsuda T. et al., Psychiatry Res. 2004; 131: 147–155.

2Kronenbuerger M. et al. Klin Neuro. 2007; 38: 68–69.

3Bözel et al. Brain 1993; 116: 337–353

4Hirose et al. Neurology 1985; 35: 998–1002

Projekt durch die Felgenhauerstiftung gefördert.