Aktuelle Neurologie 2007; 34 - P380
DOI: 10.1055/s-2007-987651

Beurteilung der Tremorsuppression – ein klinischer Test zur Diagnose des Parkinson-Tremors?

F Papengut 1, J Raethjen 1, G Deuschl 1
  • 1Kiel

Hintergrund: Aufgrund seiner variablen klinischen Erscheinungsform wird der Parkinson-Tremor (PT) nicht selten fehldiagnostiziert. Einzig der Ruhetremor (RT) gilt als charakteristisches Element für die Parkinson-Krankheit (PD), doch auch dieser tritt bei anderen Tremorsyndromen auf. Einige Bewegungsstörungsexperten vertreten die Auffassung, dass nicht der RT per se, sondern die Unterdrückung desselben bei der Initiierung einer Bewegung ein klares Abgrenzungsmerkmal ist.

Ziel: Wir wollten untersuchen, ob die Suppression des RT bei Bewegungsbeginn ein Charakteristikum der Parkinson-Erkrankung ist, und ob diese Eigenschaft für einen einfachen diagnostischen Test genutzt werden kann.

Methoden: Es wurden Videoaufzeichnungen von Parkinson-Patienten (n=50) und einer Kontrollgruppe (n=48) mit anderen Tremorsyndromen aufgenommen. Die Diagnose PD wurde gemäß der Brain-Bank-Kriterien und/oder bei pathologischem ß-CIT-SPECT gestellt. Die folgenden Videosequenzen wurden aufgenommen: Der tremordominante Unterarm der Patienten lag entspannt auf der Stuhllehne, während der Patient rückwärts zählte bis ein stabiler Ruhetremor auftrat oder nicht. Anschließend wurde der Patient gebeten, die Arme anzuheben und vorzuhalten(TestA). In einem leicht modifizierten Test sollte mit dem Zeigefinger ein Ziel anvisiert werden(TestB). Die Videos wurden von bzgl. der Diagnose verblindeten Beurteilern betrachtet, die anhand einer neu entwickelten Tremorsuppressions-Skala (TSS) die Zu- bzw. Abnahme des Tremors bei Bewegungsbeginn einschätzen sollten. Schließlich wurden sie auf der Basis der Tremorsuppression um eine diagnostische Einschätzung (PD ja/nein) gebeten.

Ergebnisse: Die 3 Beurteiler mit unterschiedlicher Erfahrung auf neurologischem Gebiet (1 Tremorspezialist, 2 Neurologen in Weiterbildung) schafften es mithilfe von beiden Tests jeweils ca. 85% PD-Patienten zu erkennen. Dementsprechend verteilten die Beurteiler gemäß der TSS in beiden Tests häufiger Scores für eine Tremorreduktion bei den PD-Patienten (A:0,85 vs. 0,25, p<0,001/B:0,85 vs. 0,23, p<0,001). Beide Tests zeigten eine gute Sensitivität (A:0,81;B:0,84) und Spezifität (A:0,84;B:0,79). Die Interrater-Reliabilität war jeweils hoch mit 0,73.

Fazit: Die Beurteilung der Tremorsuppression bei Bewegungsinitiierung ist ein gutes und reliables Mittel, um den PT von anderen Tremorsyndromen abzugrenzen. Es kann von Neurologen ohne spezielle Kenntnisse aus dem Bereich der Bewegungsstörungen genauso gut angewendet werden wie von Experten.