Aktuelle Neurologie 2007; 34 - P364
DOI: 10.1055/s-2007-987635

Die cardioballistische Komponente im physiologischen Tremor

J Jamrozy 1, A Hoffmann 1, PH Kraus 1
  • 1Bochum

Einleitung: Unter allen Bewegungsstörungen ist Tremor mit Abstand die häufigste. Trotz des Fortschritts der Technik, die zur Quantifizierung und Analyse von Tremor eingesetzt werden kann, gibt es nur wenige relevante Ansätze, die bei der individuellen Differentialdiagnostik einen Beitrag leisten können, da die verschiedenen pathologischen Tremorformen bezüglich der einfach zugänglichen Parameter Amplitude und Frequenz zu große Überlappungen aufweisen. Betrachtet man die frühe Differentialdiagnostik, wo es zusätzlich um die Frage geht, ob im Tremor überhaupt eine pathologische Komponente vorliegt, bedarf es möglichst ausführlicher Kenntnisse über den physiologischen Tremor. Die Arbeitsgruppe von Marsden et al. (1969) haben Beitrag von Herzaktion und Puls auf den physiologischen Tremor ausführlich untersucht. Mit der jetzigen Computertechnik ergeben sich neue Auswertungsmöglichkeiten.

Fragestellung: Ziel der vorgestellten Arbeit war die genauere Analyse der cardioballistischen Komponente mit neuentwickelter Technik.

Methode: Wir untersuchten 38 gesunde Kontrollpersonen unter Ruhe- und Haltungsbedingungen mit einer neu entwickelten EKG-getriggerten Accelerometrie-Aufnahmetechnik, die wir mit einem speziell entwickelten Averaging-Prozess (vorwärts und rückwärts) auswerteten, wobei Amplitude und Streuung der geaveragten Werte berücksichtigt wurden.

Ergebnisse: Es fand sich in den meisten Fällen eine Impuls-induzierte Schwingung mit gedämpftem Ausklang. Die Aktion dauerte in den meisten Fällen ca. die halbe Länge des Intervalls zwischen 2 Herzschlägen. Die hierbei auftretenden Frequenzen lagen zwischen 6 und 7Hz. Der gefundene Amplitudenanteil betrug an der Spitze (>35%) deutlich mehr als der von Marsden abgeschätzte Wert (10%). Die geringe Latenz nach der mechanischen Herzaktion spricht dafür, dass es sich um eine direkte mechanische Übertragung handelt, für die sich im EMG kein Korrelat findet.

Schlussfolgerung: Über die Ergebnisse von Marsden et al. hinaus konnten wir die Frequenzkomponente des cardioballistischen Anteils im physiologischen Tremor genauer bestimmen. Die von uns gefundenen Werte liegen durchaus im Bereich der Frequenzbänder der wichtigsten pathologischen Tremores, so dass von einer mathematischen Bereinigung des physiologischen Tremors ein besseres Auflösungsvermögen bei Tremores zu erwarten ist, die aus anderer Ursache entstehen und nur eine geringe Amplitude aufweisen.