Aktuelle Neurologie 2007; 34 - M340
DOI: 10.1055/s-2007-987612

Allogene hämatopoetische Stammzelltransplantation bei Patienten mit zerebraler Verlaufsform einer X-chromosomalen Adrenoleukodystrophie

JS Kühl 1, G Strauß 1, B Weschke 1, J Scheer 1, W Köhler 1, J Gärtner 1, D Hunneman 1, R Steinfeld 1, R Arnold 1, W Ebell 1
  • 1Berlin, Wermsdorf, Göttingen

Hintergrund: Die X-chromosomale Adrenoleukodystrophie (ALD) zeigt bei etwa 33% der betroffenen Jungen vor dem 10. Lebensjahr sowie bei 5–10% der Männer eine entzündliche, zerebrale Verlaufsform (CER) mit rapider Demenzentwicklung und neurologischem Verfall – bei Kindern meist in Verbindung mit einem M. Addison. Die allogene hämatopoetische Stammzelltransplantation (HSCT) ist gegenwärtig die einzige etablierte Therapieoption für Kinder mit beginnender CER.

Patienten: Bisher wurden 27 Jungen (Alter bei Transplantation: 4–15J.) sowie ein Mann (46J.) mit zerebraler Verlaufsform HLA-kompatibel transplantiert. 9 Pat. wurden über neuropsychologische Symptome (Gruppe I), 5 über einen M. Addison (Gruppe II) und 14 über ein Familienscreening (Gruppe III) diagnostiziert. Weitere Charakteristika: Ausmaß der Leukodystrophie (MRT-LOES-Score) 1–12; IQ 75–116%; eindeutige neurologische Symptome bei 10 Patienten. Transplantiert wurde wie folgt: 20 Pat. unverwandt, 8 Pat. verwandt, 16 Pat. mit Knochenmark, 12 Pat. mit peripheren Blutstammzellen. Die Konditionierung bestand aus Busulfan (16mg/kg), Cyclophosphamid (Kdr. 200/Erw. 120mg/kg) und ATG.

Ergebnisse: 23 von 28 Pat. (=82%) leben mit einer medianen Nachbeobachtungszeit von 41 Monaten. 2 Pat. verstarben an transplantationsassoziierten Problemen, 3 Pat. am Erkrankungsprogress. Transplantatversagen wurde nicht beobachtet. Die Risiko einer akuten GvHD II-IV betrug 14%, das einer extensiven chronischen GvHD 11%. Von 16 Pat. der Gruppen II/III, die mindestens ein Jahr nachbeobachtet wurden, blieben 12 (=75%) neurologisch stabil mit guter Lebensqualität; 10 davon besuchen eine Regelschule. Alle Gruppe I-Pat. verschlechterten sich zunächst im ersten Jahr nach HSCT; bei 5 Pat. konnte aber nach Stabilisierung eine ausgeprägte Demenz verhindert werden. Dagegen zeigten 3 Pat. auch mehr als 2 Jahre nach Transplantation einen neurologischen Progress.

Schlussfolgerung: Eine allogene HSCT kann bei CER die fortschreitende Demyelinisierung bei frühzeitigem Transplantationszeitpunkt erfolgreich stoppen. Aus Transplantationssicht sind die Ergebnisse bei überwiegend unverwandten Transplantationen sehr ermutigend. Schwierig ist es im Einzelfall, das neurologische Ergebnis vorherzusagen. Noch kann der Nutzen für erwachsene Patienten nicht bewertet werden.