Aktuelle Neurologie 2007; 34 - V335
DOI: 10.1055/s-2007-987607

Verbessertes Identifizieren von Patienten mit paroxysmalem Vorhofflimmern: Analyse elektrokardiographischer R-R-Intervall-Dynamik

T Duning 1, H Wersching 1, M Marks 1, T Hepp 1, H Heuer 1, R Reinhardt 1, S Knecht 1
  • 1Münster, Dortmund, Pirmasens

Fragestelllung: Vorhofflimmern (VHF) ist einer der häufigsten Gründe für ischämische Hirninfarkte. Bei vielen der Patienten besteht paroxysmales Vorhofflimmern (PAF). Hier besitzt selbst das 24-Stunden-EKG als Standardmethode eine schlechte Sensitivität, zudem ist die Durchführung und Auswertung bei Schlaganfallpatienten während eines zeitlich limitierten Stroke-Unit-Aufenthaltes schwierig. In mehr als 40% der Schlaganfälle bleibt die Ätiologie ungeklärt. Bei einem großen Teil der Schlaganfälle ungeklärter Ätiologie (>40%) könnte nicht diagnostiziertes PAF vorliegen.

Da auch kurze Episoden von Vorhofflimmern strukturelle und elektrische myokardiale Veränderungen induzieren, führt dieses zu einer erhöhten Variabilität elektrischer Erregungsmuster auch außerhalb von Flimmerepisoden. Dieses Phänomen kann sich als erhöhte R-R-Intervall-Dynamik im EKG manifestieren.

In dieser Studie untersuchten wir EKG-Daten von Patienten mit der etablierten Diagnose eines PAF, um zu klären, ob eine R-R-Intervall-Analyse zu höheren Identifizierungsraten führen kann.

Methoden: Bei 29 Patienten des St. Johannes Hospital Dortmund mit der etablierten Diagnose eines paroxysmalem VHF wurden konventionelle 24-Stunden EKG ausgewertet. Zudem wurden die EKG-Daten einer vollständig automatisierten R-R-Intervall-Analyse zugeführt. 9 Patienten mit chronischem VHF dienten als Positivkontrolle, 21 gesunde Probanden als negative Kontrollen.

Ergebnisse: Die konventionelle EKG-Auswertung identifizierte 4 der 29 (14%) Patienten mit PAF, die automatisierte R-R-Intervall Analyse 26 Patienten (90%). 17 von 560 (3%) Stunden zeigten VHF und wurden von beiden Methoden erkannt, weitere 258 (46%) Stunden außerhalb von Flimmerepisoden wurden durch die Analyse der R-R-Intervall Dynamik als Risiko, an PAF zu leiden, identifiziert.

Schlussfolgerungen: Der Anteil identifizierter Patienten mit etablierter Diagnose eines paroxysmalen VHF war mit der Analyse der R-R-Intervall Dynamik mehr als 6-mal höher als bei konventioneller 24-Stunden EKG-Analyse. Da der Analysealgorithmus vollständig automatisiert und die Hardware einfach an die EKG-Monitore adaptierbar ist, erlaubt die R-R-Intervall Analyse ein effektives Screening von Schlaganfallpatienten auf der Stroke-Unit. Bei Patienten mit einem erhöhten VHF-Risiko auch außerhalb von Flimmerepisoden könnte dann eine ausgiebigere Diagnostik erfolgen (z.B. 7-Tage EKG-Monitoring). Zusammenfassend verspricht diese Methode ein effektiveres Nutzen diagnostischer Ressourcen.

Abb.1: Beispiel von Zeitreihenanalysen von R-R-IntervallenDer Plot eines gesunden Probanden (A) zeigt die typische Baseballschläger-artige Form; die errechnete Risikostufe ist hier 0. Die disseminierten Cluster eine pVHF-Patienten weist auf eine vermehrte R-R-Interval-Dynamik hin (Risikostufe 1). Weit gestreuten R-R-Intervalle in Pateinten mit chronischem VHF indizieren ein Maximum an Variabilität (C). Das errechnete Risiko ist hier 2.

Abb. 2: Studiendesign und Ergebnisse

Abb.3: Beispiel einer 68h-Langzeit-EKG-Analyse eines Schlaganfallpatienten mit ungeklärter Infarktätiologie. Da in nur 2 Stunden Vorhofflimmern (VHF) vorliegt, wäre die konventionelle EKG-Analyse mit hoher Wahrscheinlichkeit (in 66 von 68h) falsch negativ gewertet worden, wohingegen die R-R-Intervall-Analyse 62 der 66 Stunden des Sinusrhythmus als Risiko eines vorhandenen paroxysmalen VHF klassifizierte.