Aktuelle Neurologie 2007; 34 - V292
DOI: 10.1055/s-2007-987597

Die antihypertensive Therapie im Akutstadium des Hirninfarkts kann zur Durchblutungssenkung im Gehirn führen

Y Tsuda 1, C Dettmers 1, A Hartmann 1
  • 1Bonn

Einleitung: Die Blutdruck (BD)-Senkung beim akuten Hirninfarkt dient dem Gewebeschutz, falls syst. Werte >200–220mmHg festgestellt werden. Der Verlust der Autoregulation führt unter Senkung der BD zum weiteren Abfall der regionalen Gehirndurchblutung (rCBF). Das Ausmaß dieser CBF-Senkung wird vom Typ der BD-senkenden Substanz beeinflusst. Dazu sind nur sehr wenige Durchblutungsmessungen beim Menschen bekannt gemacht worden.

Fragestellung: Führt die Blutdrucksenkung beim akuten Hirninfarkt mit verschiedenen Substanzen zum unterschiedlichen rCBF-Abfall?

Methode: Quantitative rCBF-Messung mit der bilateralen atraumatischen Xenon 133-Cerebrographie bei 30 Patienten mit ACM-Hirninfarkt an Tag 1–3. Nach klinischer Indikation Blutdrucksenkung mit i.v. entweder Urapidil (URA), Natriumnitroprussid (NNP) oder Nifedipin (NIF) und Wiederholung der Messung nach BD-Senkung um ca. 10%-20%.

Bei weiteren Patienten mit erhöhtem Hirndruck (ICP) aufgrund von ICB bzw. SAB wurden ICP und BD unter BD-Senkung mit NNP bzw. URA aufgezeichnet

Ergebnisse: Alle Substanzen führten zu einem gut steuerbaren Abfall des BD. Der ischämie-bedingte niedrige CBF im Infarktkern sank unter BD-Therapie um durchschnittlich 24% (mit starker Streuung). In den perifokalen Arealen (Festlegung mit CCT/MRT im Verlauf) fiel CBF um durchschnittlich 12% mit ebenfalls starker Varianz. CBF Abfall und BD Abfall unter antihypertensiver Therapie korrelierten nicht miteinander. rCBF in der kontralateralen Hemisphäre wurde mit einem durchschnittlichen Abfall um 4% nur gering beeinflusst. NNP und NIF führten aufgrund ihrer intrakraniell vasodilatatierenden Eigenschaften in den gesunden Arealen beider Hemisphären gelegentlich zu einem CBF Anstieg um bis zu 22%, wobei dann im Infarktkern der parallel beobachtete CBF Abfall mit bis zu 37% deutlicher war als unter URA.

Schlussfolgerung:

1. Alle Antihypertensiva senken die Hirndurchblutung im Ischämiegebiet, jedoch der Calciumantagonist und der direkte Vasodilatator ausgeprägter als Urapidil. Urapidil scheint die verbleibende AR weniger zu behindern als die anderen Substanzen.

2. Zentral vasodilatierende Blutdrucksenker können beim akuten Hirninfarkt im gesunden Hirngewebe die Durchblutung steigern und im Ischämiegebiet steal-Phänomene mit zusätzlichem Durchblutungsabfall auslösen.

3. Der Durchblutungsabfall als Folge der Blutdrucksenkung ist auch in Randgebieten des Infarktes nachweisbar.