Aktuelle Neurologie 2007; 34 - M281
DOI: 10.1055/s-2007-987586

Serum-Biomarker zur Abschätzung des Risikos einer Thrombolyse-assoziierten Blutung

C Foerch 1, F Dvorak 1, M Wunderlich 1
  • 1Frankfurt, Magdeburg

Fragestellung: Aus tierexperimentellen Arbeiten ist bekannt, dass frühe Störungen der Blut-Hirn-Schranke bei der zerebralen Ischämie mit einem erhöhten Risiko einer intrazerebralen Blutung nach Thrombolyse einhergehen. Vor diesem Hintergrund liegt es nahe, nach biochemischen Serummarkern zu suchen, die eine frühe Störung der Blut-Hirn-Schranke anzeigen können und sich somit möglicherweise als Prädiktoren für das Auftreten einer Blutungskomplikation nach Thrombolyse eignen. Vorarbeiten haben gezeigt, dass z.B. das astrogliale Protein S100B im Liquor in deutlich höherer Konzentration vorliegt als im Blut und im Falle einer Blut-Hirn-Schrankenstörung in erhöhter Konzentration im Serum gefunden werden kann.

Methoden: Wir untersuchten im Rahmen einer retrospektiven Analyse bei 275 Schlaganfall-Patienten aus drei universitären Behandlungszentren (Frankfurt, Magdeburg, Barcelona), ob erhöhte S100B-Serumkonzentrationen vor Thrombolyse mit einem gesteigerten Risiko einer Blutungskomplikation nach Therapie einhergehen. Die S100B-Werte wurden mittels eines kommerziell erhältlichen immunoluminometrischen Tests bestimmt. 24h nach Symptombeginn wurde ein CT durchgeführt und evtl. vorhandene Blutungskomplikationen dokumentiert (klassifiziert in hämorrhagische Transformation [HT-1, HT-2] und parenchymale Hämorrhagie [PH-1, PH-2]).

Ergebnisse: Blutungskomplikationen traten bei 80 Patienten auf (29%; 45 HT, 35 PH). Die mittleren S100B-Serumkonzentrationen waren bei Patienten mit Blutungskomplikation signifikant höher als bei Patienten ohne Blutungen (0,14 vs. 0,11µg/l; p=0,017). Nach multivariater Adjustierung gingen S100B-Werte im höchsten Quintil mit einer odds ratio von 2,74 (95%CI 1,37–5,47; p=0,004) für das Auftreten einer Blutungskomplikation einher. Im Einzelfall hat ein S100B-Wert über 0,23µg/l jedoch nur eine mäßige Sensitivität (0,46) und Spezifität (0,82) bezüglich der Vorhersage schwerer Blutungsereignisse (PH-2).

Schlussfolgerungen: S100B liefert eine von den hier analysierten klinischen Variablen (u.a. Alter, Schweregrad bei Aufnahme, Risikofaktoren) unabhängige Information über das Einblutungsrisiko bei Thrombolysepatienten. Es zeigt sehr wahrscheinlich bereits in den ersten Stunden nach Symptombeginn eine Schädigung der Blut-Hirn-Schranke an. Im Rahmen dieses Vortrages sollen bzgl. dieser Fragestellung weitere biochemische Marker in Form einer Literaturübersicht vorgestellt werden. Hierzu gehören u.a. Matrix-Metalloproteinasen und Gerinnungsfaktoren.