Aktuelle Neurologie 2007; 34 - M280
DOI: 10.1055/s-2007-987585

Der prognostische Wert kernspintomographisch nachgewiesener zerebraler Mikroblutungen und der Leukoaraiose für die Abschätzung des Risikos einer Thrombolysebehandlung

J Fiehler 1, T Neumann-Haefelin 1
  • 1Hamburg, Frankfurt

Fragestellung: Die sekundäre „symptomatische intrakranielle Blutung“ (sICB) nach ischämischem Infarkt ist die am meisten gefürchtete Nebenwirkung der Thrombolysetherapie. Basierend auf Beobachtungen bei Patienten mit Amyloidangiopathie wurde untersucht, ob kleine Hypointensitäten in der T2*-Wichtung („zerebrale Mikroblutungen“, CMB) allgemein ein erhöhtes Risiko für eine sekundäre symptomatische Blutung vorhersagen könnten. Weiterhin wurde geprüft, ob eine Mikroangiopathie (Leukoaraiose) ein relevanter unabhängiger Risikofaktor für eine sICB ist.

Methoden: Für diese Analyse wurden Daten von dreizehn Schlaganfallzentren (Aarhus, Barcelona, Calgary, Frankfurt, Girona, Hamburg, Heidelberg, Los Angeles, Mannheim, Linz, Lyon, Seoul, Stanford) gepoolt. Insgesamt wurden 873 konsekutive Patienten mit supratentorieller Ischämie, die innerhalb von 6 Stunden thrombolytisch behandelt wurden, und eine MRT vor Therapiebeginn erhielten, eingeschlossen. Um eine möglichst homogene Patientengruppe zu erhalten, wurden nur diejenigen 570 Patienten analysiert, die einer i.v. Lyse und eine spezielle T2*-Wichtung erhalten hatten. In einer Subgruppe dieser Patienten (n=449, einschließlich der Zentren Paris, Jena) wurde die Ausdehnung der Leukoaraiose evaluiert.

Ergebnisse: Mikroblutungen: Bei 86/570 Patienten (15,1%) wurden 242 CMBs gefunden. Der Anteil der Patienten mit SICH lag bei 5,8% (95%CI: 1,9 bis 13,0) für Patienten mit CMBs und bei 2,7% für Patienten ohne CMBs (95%CI: 1,4 bis 4,5). Eine Auskunft über Patienten mit mehr als 5 CMBs kann nicht getroffen werden, da dies zu selten beobachtet wurde. Basierend auf diesen Daten wären 7664 i.v. lysierte Patienten mit T2*-Wichtung nötig, um ein erhöhtes sICB Risiko bei Patienten mit CMBs auszuschließen. Leukoaraiose: Die Rate der sICB war bei Patienten mit moderater bis schwerer Leukoaraiose signifikant erhöht (OR von 2,9 (95%CI: 1,3 bis 6,6; p=0,015)).

Schlussfolgerung: Eine moderate bis schwere Leukoaraiose ist ein unabhängiger Risikofaktor für die sekundäre Einblutung nach Thrombolyse bei ischämischem Schlaganfall, der zur Therapieentscheidung herangezogen werden kann. Hingegen zeigt die bislang größte Untersuchung zur Bedeutung der CMBs, dass das Risiko – wenn überhaupt – wahrscheinlich nur gering erhöht ist und wohl nicht den zu erwartenden Nutzen einer Thrombolysetherapie übersteigt. Ein Ausschluss dieser Patienten von Studien oder einer Thrombolysetherapie ist nicht gerechtfertigt.