Aktuelle Neurologie 2007; 34 - V224
DOI: 10.1055/s-2007-987558

Vergleich der STN-Aktivität bei Patienten mit und ohne Morbus Parkinson – Überprüfung neurophysiologischer Konzepte zur Parkinson-Erkrankung im Menschen

F Steigerwald 1, P Stangenberg 1, M Pötter 1, J Herzog 1, M Pinsker 1, HM Mehdorn 1, G Deuschl 1, J Volkmann 1
  • 1Kiel

Fragestellung: Eine Enthemmung des Nucleus subthalamicus (STN) mit Überwiegen burstender Entladungsmuster sowie eine erhöhte Synchronisation zwischen STN-Neuronen wird als neurophysiologisches Korrelat der Parkinson-Erkrankung angesehen. Diese Modellvorstellung wurde aus dem Vergleich von Entladungsmuster im STN normaler Primaten gegenüber dem MPTP-Affenmodel und STN-Ableitungen in Parkinson-Patienten entwickelt. Ein direkter Vergleich zu Ableitungen von Menschen, die nicht an Morbus Parkinson (MP) erkrankt sind, war bisher nicht möglich. An Hand von Mikroelektrodenableitung der STN-Region, die wir während der Implantation von tiefen Hirnstimulationselektroden (THS) in den Thalamus bei Patienten mit essentiellem Tremor (ET) durchführten, konnten wir diese Hypothesen nun erstmals am Menschen überprüfen.

Methoden: Mittels der Ben-Gun-Methode wurden auf bis zu 5 gleichzeitig vorgeschobenen Mikroelektroden die STN-Neuronensignale während der Implantation von THS in den STN (bei MP) oder den ventrolateralen Thalamus (bei ET) aufgezeichnet. Die Signale einzelner Neurone wurden mit einem kombinierten Verfahren aus “threshold detection“, “template matching“ und “principal component Analyse“ isoliert. Das Entladungsmuster wurde anhand des Interspike-Interval-Histogramm klassifiziert und Auto- bzw. Krosskorrelationen auf Oszillationen und Synchronisationen untersucht.

Ergebnisse: Insgesamt konnten 351 STN-Neurone bei 65 MP-Patienten und 32 bei 9 ET-Patienten abgeleitet werden. Der Vergleich der stereotaktischen Positionen der Neurone bestätigte die übereinstimmende Lage in der STN-Region. Im Vergleich zu ET-Patienten zeigten STN-Neurone beim MP eine signifikant höhere Entladungsrate (40Hz vs. 18Hz, p<0,001) und ein Überwiegen burstender Entladungsmuster (82% vs. 56%, p<0,001). Oszillationen und Synchronizität im Frequenzband von 11–30Hz fanden sich nur beim MP, während niederfrequentere Oszillationen (1–10Hz) auch beim ET gefunden wurden.

Schlussfolgerungen: Sowohl die Enthemmung des STN als auch Oszillationen im ß-Bereich sind ein spezifisches neurophysiologisches Korrelat des MP beim Menschen, da sie im STN von ET-Patienten nicht nachzuweisen sind.