Aktuelle Neurologie 2007; 34 - V102
DOI: 10.1055/s-2007-987498

Supraspinale Kontrolle der Lokomotion beim Menschen im fMRT

K Jahn 1, A Deutschländer 1, T Stephan 1, R Kalla 1, M Wiesmann 1, M Strupp 1, T Brandt 1
  • 1München

Gehen und Laufen beruhen auch beim Menschen auf motorischen Programmen, die auf Rückenmarksebene festgelegt sind. Die supraspinale Kontrolle und das hierarchische Netzwerk der Lokomotionszentren in Hirnstamm und Kleinhirn sind im Tierexperiment, insbesondere bei der Katze, im Detail untersucht. Beim Menschen, dessen Gang sich von dem anderer Säugetiere vor allem auch durch die zweibeinige Fortbewegung unterscheidet, ist die Existenz, genaue Lage und Funktion zur Katze homologer Lokomotionszentren weitgehend unbekannt.

Für die aktuelle Studie haben wir 26 gesunde Probanden (21–61 Jahre) untersucht, die sich nach einer Trainingsphase die Bedingungen Stehen, Gehen, Laufen und Liegen (Ruhebedingung) während der Messung des BOLD-Signals im fMRT vorgestellt haben. Die Untersuchungen wurden in einem 1,5 Tesla MR-Tomographen durchgeführt.

Die Ergebnisse zeigen beim Gehen und Laufen Aktivierungen in Hirnstamm und Kleinhirn, die ein Äquivalent für die beim Tier bekannten Lokomotionszentren darstellen. Es finden sich bilaterale Aktivierungen im Tegmentum des Mittelhirn und in der Mittellinie des Kleinhirn (Nucleus fastigii), die den Schrittmachern für Ganginitiierung und Geschwindigkeitsregulation bei der Katze entsprechen (mesecephalic and cerebellar locomotor region). Ferner sind Aktivierungen in der pontinen Formatio reticualris nachweisbar, einer wichtigen Relaisstation zwischen den Mittelhirnzentren und den spinalen Lokomotionsgeneratoren. Beim vorgestellten Stehen kann eine Aktivierung im dorsalen pontinen Tegmentum einem von der Katze bekannten Suppressionsareal für Lokomotion zugeordnet werden.

Zusammengefasst unterstützen die Resultate die Annahme einer zur Katze homologen supraspinalen Lokomotionskontrolle beim Menschen. Bei Gangstörungen können die Lokomotionsareale und ihre Verbindungen in der Funktion gestört sein, wie es für die Parkinsonerkrankung und den mesencephalen Lokomotionsgenerator (Nucleus pedunculopontinus) angenommen wird.