Aktuelle Neurologie 2007; 34 - V76
DOI: 10.1055/s-2007-987485

Kryptokokken-Meningoenzephalitis beim immunkompetenten Patienten imitiert eine tuberkulöse Meningitis mit Ventrikulitis und Hydrocephalus

B Harting 1, O Pape 1, K Lindemann 1, H Kunz 1, U Sperling 1, H Prange 1, W Heide 1
  • 1Celle, Göttingen

Hintergrund: Die Kryptokokkenmeningitis gilt als opportunistische Infektion. Sie beginnt meist unspezifisch mit heftigen Kopfschmerzen, Fieber und Übelkeit. Initial ist das MRT oft normal und der Liquor nur leicht entzündlich verändert. Wir präsentieren den seltenen Fall eines immunkompetenten Patienten mit einer atypischen Kryptokokken-Meningoenzephalitis mit Ventrikulitis, die lange Zeit wie eine Tbc-Meningitis imponierte.

Kasuistik: Ein 69-jähriger Mann, der in seinem Garten mit Taubenkot Kontakt hatte, kam zur Aufnahme wegen seit Monaten bestehender holozephaler Kopfschmerzen und zunehmneden Merkfähigkeitsstörungen. Das initiale MRT zeigte lediglich einen leichten asymmetrischen Hydrocephalus internus mit ependymalem KM-Enhancement. Der lumbale Liquor war xanthochrom, mit gemischtzelliger Pleozytose von 340/mcl, massiv erhöhtem Eiweiß von 860mg/dl, erhöhtem Laktat und erniedrigter Glukose (12% der Blutglukose). Eine breite Erregersuche blieb negativ, inklusive HIV und Tbc. Ein vorbekannter pulmonaler Verdichtungsherd im linken Unterlappen blieb unklar, ein Tumor konnte nicht nachgewiesen werden. Aufgrund des Tbc-typischen Liquors erfolgte eine tuberkulostatische 4fach-Therapie, begleitend Dexamethason. Fünf Wochen später kam es nach Absetzen des Kortisons zu einer deutlichen Verschlechterung mit schweren Störungen von Gedächtnis und Orientierung, das MRT zeigte eine progrediente Ventrikulitis, betont im Temporalhorn und Hinterhorn des linken Seitenventrikels, mit ausgeprägtem Ödem des umgebenden Tomporallappens. Bei unverändertem Liquorstatus wurde jetzt im Tuschepräparat und in der DNA-Sequenzierung Cryptococcus neoformans nachgewiesen. Erst nach 6 Wochen antimykotischer Therapie (initial mit Amphotericin B und Flucytosin i.v., dann mit Fluconazol hochdosiert oral) kam es zu einer stetigen und deutlichen Besserung der Klinik und des Liquors, der allerdings weiterhin einzelne Kryptokokken enthielt, so dass eine langfristige Therapie erforderlich ist.

Schlussfolgerungen: Einzelfälle einer akuten Kyptokokken-Meningoenzephalitis bei immunkompetenten Patienten wurden beschrieben, jedoch nicht mit der seltenen Manifestation einer chronischer Ventrikultis. Zudem kann wie hier ein atypisch-schleichender Verlauf und der Liquorstatus einer Tbc-Menigitis täuschend ähnlich sein. Diagnostisch wegweisend ist neben der Anamnese (Taubenkontakt) das Tuschepräparat und der Antigen-Nachweis aus dem Liquor, der oft erst nach wiederholten Lumbalpunktionen gelingt.