Aktuelle Neurologie 2007; 34 - V74
DOI: 10.1055/s-2007-987483

Hirnstammischämie, symptomatische Arnold-Chiari-Malformation, virale Enzephalitis und Astrozytom innerhalb von 12 Monaten?

R Werner 1, HH Görge 1, JC Wöhrle 1
  • 1Koblenz

Die bis dato nie schwer kranke Patientin präsentierte sich im Alter von 56 Jahren mit einer leichten Hemiparese links, Parästhesien der linken Körperhälfte, Dysarthrie, Schwankschwindel sowie einem Downbeatnystagmus und wurde unter der Verdachtsdiagnose einer Hirnstammischämie systemisch thrombolysiert. Als vaskuläre Risikofaktoren lagen ein Nikotinabusus und eine Hyperlipoproteinämie vor. Im Rahmen der ätiologischen Klärung des vermuteten Ischämiesyndroms wurde mittels diffusionsgewichteter Magnetresonanztomographie (MRT) ein Hirninfarkt ausgeschlossen und eine bis zu diesem Zeitpunkt nicht bekannte Arnold-Chiari-Malformation I° als Ursache der Beschwerden angenommen. Es wurde keine arterielle oder kardiale Emboliequelle nachgewiesen.

Vier Monate später stellte sie sich erneut mit plötzlich aufgetretenem Schwankschwindel, Dysarthrie und Parästhesien beider Beine vor. Klinisch imponierte wieder vor allem ein ausgeprägter Downbeatnystagmus. Erneut wurde ein frischer Hirninfarkt mittels MRT ausgeschlossen.

Es erfolgte die Verlegung in eine neurochirurgische Abteilung, wo die Dekompressionsoperation der retrospektiv zwei Mal symptomatischen kraniozervikalen Malformation erfolgte.

Während der anschließenden Rehabilitationsbehandlung erlitt die Patientin vier Wochen nach der Operation ihren ersten tonisch-klonischen Krampfanfall, als dessen Ursache in einer auswärtigen neurologischen Klinik mittels MRT- und Liquordiagnostik eine vermutlich virale Enzephalitis mit einer überwiegend lymphomonozytären Pleozytose von 138/µl (bei Kontrolle 12/µl) diagnostiziert wurde; ein Erregernachweis gelang trotz umfangreicher Untersuchungen nicht. Unter antikonvulsiver Medikation war sie in der Folge anfallsfrei. Fokal-neurologische Residuen wurden nicht beschrieben.

Ein Jahr nach der ersten Aufnahme wurde sie uns wegen einer subakut aufgetretenen flüssigen Aphasie mit eingeschränktem Sprachverständnis sowie phonematischen und semantischen Paraphasien, einer leichten, von ihr selbst nicht bemerkten, brachiofazial betonten Hemiparese rechts sowie einer homonymen Hemianopsie nach rechts erneut zugewiesen. Als Ursache sahen wir im MRT eine große linkshemispärische Raumforderung mit Einblutung, perifokalem Ödem und konsekutiver Mittellinienverlagerung von etwa 1cm nach rechts.

Zwei Wochen später erfolgte die komplikationslose neurochirurgische Tumorentfernung. Die histologische Untersuchung zeigte ein Astrozytom WHO III°. Eine Strahlentherapie wurde begonnen.