Aktuelle Neurologie 2007; 34 - V72
DOI: 10.1055/s-2007-987481

Progrediente Myeloneuropathie bei Hypokuprämie – fatale Fehldiagnose als B12-Hypovitaminose

J Schaefer 1, KF Loewenbrueck 1, H Reichmann 1
  • 1Dresden

Ein 45-jähriger Patient stellte sich mit einer progredienten sensomotorischen axonalen Polyneuropathie, ausgeprägter Hinterstrangsymptomatik, milden Pyramidenbahnzeichen und spinaler Ataxie vor. Paraklinisch fanden sich eine makrozytäre Anämie, Granulozytopenie und Hypergammaglobulinämie. Liquordiagnostik und spinales und zerebrales MRT waren normal. Elektrophysiologisch zeigten sich eine schwere axonale Polyneuropathie und pathologische MEP. Die Befundkonstellation entsprach einer Myeloneuropathie mit hämatopoietischen Reifungsstörungen, wie sie typischerweise beim Vitamin B12-Mangel angetroffen werden. Bei gleichzeitigem serologischem Nachweis eines Vitamin B12-Mangels (166pmol/l; norm >211) erfolgte die Substitution von Vitamin B12, welche jedoch in einer weiteren Verschlechterung der Symptomatik resultierte.

Bei erneuter Vorstellung nach 3 Monaten war der Patient rollstuhlpflichtig; Vitamin B12-Spiegel lagen nach Substitution im Normbereich. Erst die erneute erweiterte Diagnostik ergab eine schwere Hypokuprämie als Ursache der Symptomatik. Trotz Kupfersubstitution besserten sich die neurologischen Ausfälle nicht nennenswert.

Kupfersubstitution konnte bei allen bisher publizierten Fällen die weitere Verschlechterung der neurologischen Symptome verhindern, so dass die rechtzeitige korrekte Diagnosestellung wohl die Gehfähigkeit des Patienten hätte erhalten können.

Die Kasuistik belegt die große Bedeutung der Bestimmung von Kupferspiegeln bei Patienten mit einem Vitamin B12-typischen Krankheitsbild, selbst bei niedrigen Plasma B12-Spiegeln.