Aktuelle Neurologie 2007; 34 - V69
DOI: 10.1055/s-2007-987478

Rituximab bei Therapie-refraktären neuroimmunologischen Erkrankungen

A Melms 1, I Kötter 1, M Mitsdoerffer 1, J Kümmerle-Deschner 1, F Bischof 1, M Weller 1
  • 1Tübingen

Fragestellung: Welchen Stellenwert hat die off-label Behandlung Therapie-refraktärer neuroimmunologischer Erkrankungen mit dem B-Zell-depletierenden monoklonalen Antikörper Rituximab (MabThera)?

Methoden: Behandlung einer kleinen Serie verschiedener Therapie-refraktärer neuroimmunologischer Erkrankungen (Myasthenia gravis, Devic-Syndrom, Stiff-man-Syndrom, Immunneuropathie) mit Rituximab (Standardprotokoll mit 4 Zyklen 375mg/m2 im Wochenabstand), klinische Befunddokumentation und Messung immunologischer Parameter (Autoantikörper, B-Lymphozytenfraktionen, Immunglobuline) im Verlauf bis zu 5 Jahren.

Ergebnisse: Die Therapie mit Rituximab wurde von allen Patienten komplikationslos vertragen. Bereits die erste Gabe führte zu einer weitgehenden Depletion CD19+ CD20+ B-Lymphozyten aus dem zirkulierenden Blut mit anhaltendem Effekt über mindestens 6 Monate nach Abschluss eines Behandlungszyklus. Die Autoantikörper zeigten sehr protrahierte Veränderungen mit teilweise nur geringen Titerveränderungen unabhängig von einer klinischen Befundbesserung. Die Therapie erlaubte bei allen Patienten eine leichte bis moderate Reduktion der Standardimmunsuppression und hatte bei den Myastheniepatienten eine wesentliche klinische Stabilisierung über bis zu 5 Jahren zur Folge.

Eine Patientin mit schwerer Tetraparese, Paraplegie und hochgradiger Visusstörung im Rahmen eines Devic-Syndrome konnte nach Ineffizienz wiederholter Prednisolon- und Cyclophosphamid-Pulstherapien, sowie mehrerer Plasmapherese-Serien, wieder freie Gehfähigkeit erreichten allerding unter Zurücklassung eine Opticusatrophie mit Zentralskotom. Bei einem Patienten mit Stiffman-Syndrom konnte eine Verbesserung der Gehfähigkeit und Reduktion von Steroiden und Lorazepam erreicht werden. Patienten mit einer Polyneuropathie mit einer IgM-Gammopathie zeigten weder eine klinische Besserung noch eine Reduktion des Paraproteins.

Schlussfolgerungen: Rituximab stellt eine interessante Option zur add-on Behandlung Autoantikörper-assoziierter neuroimmunologischer Erkrankungen nach Versagen der Standardtherapie dar. Bevor eine breitere Anwendung unter off-label Bedingungen propagiert werden kann, müssen größere Fallzahlen unter Studienbedingungen aus klinischen Zentren zusammengeführt werden, um prognostische Kriterien zu definieren.