Aktuelle Neurologie 2007; 34 - V60
DOI: 10.1055/s-2007-987469

Auf der Suche nach Biomarkern bei atypischen Parkinsonsyndromen: bekannte Marker und innovative Techniken

SD Süssmuth 1, V Lehmensiek 1, T Ahlert 1, J Brettschneider 1, H Mogel 1, C Palm 1, B Landwehrmeyer 1, M Otto 1, AC Ludolph 1, H Tumani 1
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Die pathophysiologischen Vorgänge bei den atypischen Parkinson-Syndromen wie der Progressive Supranukleäre Paralyse (PSP) oder der Multisystematrophie (MSA) sind noch weitgehend ungeklärt. Beispielsweise können histologisch in den betroffenen Nervenzellen bestimmte Proteinablagerungen gefunden werden, ohne dass der pathogenetische Zusammenhang klar ist. Auf der anderen Seite fehlen aber diagnostische Instrumente, die eine Diagnosestellung bereits zu Beginn der Erkrankungen hinreichend gewährleisten. Daher scheinen für wesentliche Informationen über die Pathomechanismen in vivo die Proteine des Liquors eine sehr vielversprechende Quelle zu sein. In der Vergangenheit konnte vor allem für Neurofilament H, weniger für Protein Tau und Amyloid-beta (1–42) ein Stellenwert für das Ausmaß der neuronalen Beteiligung und die Diagnosestellung vermutet werden.

Nun wurde neben der erweiterten Bestimmung der verschiedenen Amyloid-beta-Proteine eine Liquorproteom-Analyse mittels 2-dimensionaler Difference-in-gel Elektrophorese (2D-DIGE) durchgeführt und anschließend mit der MALDI-TOF Massenspektrometrie (MS) diejenigen Protein-Spots analysiert, die im Vergleich zu einem gepoolten, alters- und geschlechtsabgestimmten Kontrollkollektiv (n=11, mittleres Alter 63J.) eine signifikante Konzentrationsdifferenz im Liquor aufwiesen. Dabei zeigten sich bei der PSP (n=13, Mittleres Alter 66J.) 8 Protein-Spots signifikant erhöht, die 5 Proteinen zuzuordnen waren: neben Zink-Alpha 2-Glykoprotein und Immunglobulin Alpha 1-heavy chain constant region waren dies überwiegend Akute-Phase-Proteine, nämlich Alpha 1-Antitrypsin, Alpha 2-Haptoglobin (HP protein) und saures Alpha 1-Glycoprotein (Orosomucoid).

Schlussfolgerung: Die ersten Ergebnisse der Liquorproteom-Analyse bei atypischen Parkinsonsyndromen mittels 2D-DIGE/MALDI-TOF MS zeigen klare Protein-Unterschiede zu Kontroll-Liquores. Die Bedeutung dieser Proteine im Rahmen der pathophysiologischen Zusammenhänge bei den atypischen Parkinson-Syndromen bleibt allerdings noch spekulativ. Neben Validierungsexperimenten sind vor allem Untersuchungen hinsichtlich weiterer sinnvoller Kontrollkollektive notwendig, um die Wertigkeit der erhobenen Befunde besser einordnen zu können. Wenn auf diese Weise gefundene Liquor-Proteomprofile ausreichend validiert sind, dürften sie einen relevanten Stellenwert in der Diagnostik und Verlaufskontolle der neurodegenerativen Erkrankungen bekommen.