Aktuelle Neurologie 2007; 34 - V7
DOI: 10.1055/s-2007-987440

Neuromuskuläre Biopsiediagnostik bei 35 HIV-Patienten

E Neuen-Jacob 1, H Köller 1, G Arendt 1
  • 1Düsseldorf, Hagen

Trotz Einführung der hochaktiven anti-retorviralen Therapie (HAART) stellen neuromuskuläre Krankheiten eine häufige Komplikation bei HIV-positiven Patienten dar und können bereits in frühen Krankheitsstadien auftreten. Wir berichten über die neuropathologischen Biopsiebefunde (22 Nerven- und 13 Muskelbiopsien) bei 35 HIV-1-positiven Patienten, die seit 1989 in der Neuro-AIDS-Ambulanz der Neurologischen Klinik des Universitätsklinikums Düsseldorf behandelt wurden. Bei den Patienten mit Nervenbeteiligung stand klinisch eine schmerzhafte, distal-symmetrische, axonale Neuropathie im Vordergrund. Bioptisch konnte in der Suralisbiopsie in 17/22 Fällen eine entzündliche Genese gesichert werden: Neuritis (n=9), Vaskulitis (n=5), chronische inflammatorische demyelinisierende Neuropathie (n=3). In einem Fall führte die Diagnose einer Vaskulitis-Abklärung zur Erstdiagnose der HIV-Infektion. Bei 3 Fällen fand sich eine gemischte axonal-demyelinisierende Neuropathie ohne gesicherten Nachweis einer Entzündung. Bei einem Patienten wurde durch die Biopsie eine bisher subklinische hereditäre Neuropathie im Sinne einer CMT1a diagnostiziert. In 3 Fällen konnten zusätzlich ultrastrukturell pathologische Mitochondrien und eine verstärkte Lipidablagerung als Ausdruck einer toxischen Neuropathie unter der HAART detektiert werden.

Die Patienten mit Myopathien litten überwiegend an einem Polymyositis-ähnlichen Bild mit Muskelschwäche, -schmerzen und erhöhter CK. Morphologisch konnte in 10/13 Fällen eine mitochondriale Schädigung mit ragged-red-Fasern und partiellem Cytochrom-c-Oxidase-Mangel, in 2 Fällen zusätzlich eine verstärkte Verfettung als Folge der HAART gesichert werden. Bei 6 Patienten war zusätzlich eine entzündliche Komponente mit CD8-Zellen auffällig. In 3 Patienten fand sich eine chronische neurogene Muskelatrophie als Folge einer primären HIV-assoziierten oder HAART-induzierten Neuropathie.

Klinisch sind HIV-assoziierte entzündliche Neuro-/Myopathien nicht sicher von HAART-induzierten toxischen Nebenwirkungen zu unterscheiden. Unsere Ergebnisse unterstreichen, dass die Nerv-Muskel-Biopsie eine wichtige Rolle bei der Diagnostik von HIV-assozierten neuromuskulären Erkrankungen spielt und entscheidend ist für das weitere therapeutische Procedere.