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DOI: 10.1055/s-2007-974214
Applikation des Probiotikums E. coli Nissle 1917 (EcN) via Endoskop – wann, wie und warum?
Hintergrund: Das probiotische Arzneimittel Mutaflor mit dem Wirkstoff Escherichia coli Stamm Nissle 1917 (EcN) kann oral als Kapsel oder Suspension eingenommnen werden. Erste Daten liegen auch zur Anwendung als Klysma vor (Matthes et al., 2006). EcN ist u.a. für die Remissionserhaltung der Colitis ulcerosa und die chronische Obstipation bei Erwachsenen und für die akute bzw. protrahierte Diarrhö bei Kindern zugelassen.
Fragestellungen: Wann könnte es sinnvoll sein, direkt über ein Endoskop zu applizieren? Welche Vorteile hat die Kombination einer orthograden intestinalen Lavage mit der anschließenden Instillation von EcN während der Koloskopie bei Patienten mit durch Clostridium difficile verursachter pseudomembranöser Kolitis? Welche Wirkmechanismen von EcN sind von Bedeutung?
Methoden und Ergebnisse: Im Zentrum für Innere Medizin, Kliniken St. Antonius, Wuppertal (Priv.-Doz. K. J. Goerg) wurden Patienten mit Verdacht auf eine durch Cl. difficile verursachte pseudomembranöse Kolitis (PMK) koloskopiert. Zuvor wurden Stuhlproben gewonnen und es erfolgte eine orthograde intestinale Lavage mit 3 L einer Macrogol-haltigen gepufferten Elektrolytlösung (Klean-Prep ®). Bei endoskopisch gesicherter PMK wurde der Inhalt von 5 Kapseln Mutaflor (1 Kapsel enthält 2,5–25×109 lebensfähige EcN-Bakterien) in 20ml physiologischer NaCl-Lösung gelöst und über das Koloskop möglichst proximal (Zökum bzw. rechte Kolonflexur) appliziert. Die Patienten erhielten anschließend über 3 Wochen 3×1 Kapsel Mutaflor, eine zusätzliche Antibiose mit Metronidazol oder Vancomycin erfolgte nicht. Innerhalb einer Woche sistierte die Diarrhö. Unmittelbar nach der Lavage hatte sich die Leukozytose gebessert; im Mittel sanken die Leukozyten von 21.200/mm3 vorher auf 9.900/mm3 danach. Es bestand auch kein Fieber mehr. Die durchschnittliche tägliche Stuhlfrequenz sank von anfänglich 7 (im Bereich von 4–12) auf 1,4 am Ende der Behandlung. Innerhalb von 6 Wochen kam es zu keinem Rezidiv. EcN wurde gut vertragen. Aktuelle präklinische und klinische Daten zeigen, wie die Wirkung von EcN bei dieser Indikation vermittelt werden könnte: 1) EcN beeinflusst die Tight junctions und stärkt die epitheliale Darmbarriere (Zyrek et al., 2006), 2) EcN induziert die Defensinbildung (Wehkamp et al., 2004) und das sIgA (Cukrowska et al., 2002), 3) EcN ist antagonistisch wirksam gegenüber pathogenen Keimen (Altenhöfer et al., 2004; Henker et al. 2006).
Fazit und Ausblick: Die endoskopische Applikation von EcN ist derzeit nur als „off-label-use“ möglich. Ob die Kombination von Metronidazol oder Vancomycin mit EcN schnellere und anhaltende Erfolge in der Therapie der pseudomembranösen Kolitis bringt, sollte in weiteren klinischen Studien untersucht werden.