Endoskopie heute 2007; 20 - V105
DOI: 10.1055/s-2007-974168

Eine ungewöhnliche Differentialdiagnose einer Cholezystitis

G. Kirchner 1, S. Wagner 1, M. Caselitz 1, M. Lubnow 1, C. Zülke 1, J. Schölmerich 1, B. Salzberger 1
  • 1Klinikum Deggendorf, Medizinische Klinik II

Anamnese: Ein bisher gesunder 35-jähr. Patient litt seit 3 Wochen an rechtsseitigen Oberbauchschmerzen. Wegen seit mehreren Tagen bestehendem Fieber bis 39°C und Appetitlosigkeit stellte er sich bei uns vor. Koliken, Erbrechen und Alkoholkonsum wurden verneint. Keine Auslandsaufenthalte. Urin und Stuhlgang unauffällig.

Klinischer Befund: Guter EZ, leicht red. AZ. Fieber max. 39,5°C. Druckschmerz im rechten Oberbauch und Epigastrium. Labor: CRP 242mg/l, Hb 11,1g/dl, Leberwerte und Quick normal. CT-Abdomen: Unklare Formation, inhomogen, nicht liquide (ca. 4cm x 3cm x 2,5cm groß) zwischen Leberpforte, Duodenum und Pankreaskopf. Neben der Gallenblase hypodenser Flüssigkeitssaum und Wandverdickung. Mehrere suspekte Lymphknoten (1,5cm groß) z.B. iliakal und paraoartal. Rö.-Thorax: unauffällig. Gastroskopie: 1cm große breitbasige Erhabenheit im distalen Bulbus duodeni aus deren Spitze sich Eiter entleert.

Verlauf und initiale Therapie: Unter Piperacillin/Combactam leichte Besserung. HIV-Test wurde abgelehnt. Am Abend vor der geplanten Lymphknotenentnahme gab der Patient preis, 2001 HIV-positiv getestet worden zu sein. Die HIV-Erkrankung sei bisher nicht behandlungsbedürftig gewesen. Bei erneutem Anstieg des Fiebers wurde die Antibiotikatherapie auf Vancomycin, Meropenem und Fluconazol umgestellt. Tbc-intrakutan Test: negativ, TPPA-Test: negativ. Blutkulturen negativ. Bei typischer Klinik einer Cholecystitis mit Abszessformation zwischen Leberpforte, Duodenum und Pankreas wurde eine Laparotomie durchgeführt. Intraoperativ zeigte sich ein nekrotischer Lymphknoten im Lig. hepatoduodenale mit einer in das Duodenum und z.T. in den Pankreaskopf einbrechenden Abszess- und Nekrosehöhle und konsekutiver Cholecystitis.

Endgültige Diagnose: In der mikrobiologischen Untersuchung des OP-Materials wurde die Diagnose einer abszedierenden Lymphknoten-Tuberkulose gestellt. In Magensaft- und Stuhlproben wurden ebenfalls säurefeste Stäbchen nachgewiesen.

Therapie: Es erfolgte eine antituberkulöse Therapie mit Isoniazid, Rifampicin, Ethambutil und Pyrazinamid. Eine retrovirale Therapie wurde bei einer T-Helfer-Zahl von 27Zellen/µl und einer Viruslast von 2,1×105 Kopien/ml begonnen und führte zu einer raschen Erholung.

Folgerung: Dies ist der erste Fall einer abszedierenden, tuberkulösen Lymphknotenperforation im Leberhilus als Erstmanifestation von AIDS.