Endoskopie heute 2007; 20(1): 75-76
DOI: 10.1055/s-2007-960567
Leserbrief

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Moderne Leberbildgebung - Ein Überblick

Endo heute 2006; 19: 106-114J. Bucerius1 , H.-J. Biersack1
  • 1Klinik und Poliklinik für Nuklearmedizin, Universität Bonn
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Publication Date:
16 March 2007 (online)

Mit großem Interesse und ebensolchem Erstaunen haben wir die Übersichtsarbeit „Moderne Leberbildgebung - Ein Überblick” von Jacobi et al. in der Juni-Ausgabe 2006 von „Endoskopie heute” gelesen. Die Autorengruppe aus dem Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt beschreibt hierin sehr ausführlich die hepatische Bildgebung mittels morphologischer Verfahren wie CT oder MRT in Bezug auf verschiedene Krankheitsbilder der Leber. Diskrepant zu dem oben genannten Titel der Übersichtsarbeit, der einen Überblick über moderne Leberbildgebung in ihrer Gesamtheit, und nicht nur über radiologisch-morphologische orientierte Verfahren, suggeriert, werden funktionelle, nuklearmedizinische Untersuchungen noch nicht einmal erwähnt. Das mag einer radiologischen Autorengruppe im Hinblick auf reine nuklearmedizinische Verfahren wie die Lebersequenzszintigraphie mit Technetium-markierten Iminodiazet-Derivaten (Hepatobiliary iminodiacetic acid; 99mTc-HIDA), die auch heute noch, trotz aller Fortschritte der morphologischen Verfahren, einen nicht zu unterschätzenden Stellenwert vor allem zum Nachweis bzw. Ausschluss einer FNH oder eines Leberadenoms besitzt, bzw. der funktionellen Bildgebung mittels Positronen-Emissions-Tomografie (PET) mit 18FDG nachgesehen werden. Unverständlich im Kontext „moderner Leberbildgebung” ist jedoch der fehlende Verweis auf die immer weitere Verbreitung und Akzeptanz erfahrende PET / CT-Technik, ein Verfahren, das die funktionelle Bildgebung mittels z. B. 18FDG-PET mit radiologisch-morphologischer Darstellung mittels CT in einem Untersuchungsgang verbindet. Wir möchten daher im Folgenden sowohl kurz auf die Lebersequenzszintigrafie mit 99mTc-HIDA im Rahmen der Leberdiagnostik eingehen, als auch die Bedeutung der hepatischen Bildgebung mittels PET bzw. PET / CT, als besonders „modernem” Verfahren im Rahmen der Leberdiagnostik anhand aktueller Daten unterstreichen. Hierbei soll der Fokus auf die Bedeutung der PET / CT in der Diagnostik maligner Leberläsionen gelegt werden, da die Datenlage zur Diagnostik benigner hepatischer Erkrankungen mit dieser bimodalen Technik bislang unzureichend ist.

Im Hinblick auf die Lebersequenzszintigrafie mit Technetium-markierten Iminodiazet-Derivaten (Hepatobiliary iminodiacetic acid, HIDA) konnten mehrere Studien neueren und älteren Datums, die bis über 400 Patienten umfassen, einen sehr hohen diagnostischen Nutzen der Leberfunktionsszintigrafie zur Differenzialdiagnose einer FNH, eines Leberhämangioms sowie eines Leberzelladenoms und -karzinoms zeigen. Die Sensitivität bzw. Spezifität dieses Verfahrens zur Diagnose einer FNH beträgt dabei 92 bzw. 97 % [1] [2] [3] [4] [5] [6]. Unsere Arbeitsgruppe hat selbst im Jahr 2004 in dieser Fachzeitschrift eine Kasuistik publiziert, die den hohen Stellenwert der Leberfunktionsszintigrafie belegt [7]. Auch in diesem beschriebenen Fall konnte durch die morphologische Bildgebung mittels Abdomen-Sonografie sowie -CT und -MRT keine abschließende Aussage zur Dignität und Ätiologie der zuvor mittels Sonografie nachgewiesenen Raumforderung in der Leber gemacht werden. Eine FNH konnte mit Hilfe der Leberfunktionsszintigrafie mit 99mTc-HIDA ausgeschlossen werden. Allerdings ergab sich durch diese Untersuchung der dringende Verdacht auf ein Leberzelladenom, der anschließend auch histologisch bestätigt wurde. Leider wurde auch in dem geschilderten Fall die Leberfunktionsszintigrafie erst spät im Rahmen der genannten diagnostischen Maßnahmen durchgeführt. Durch einen frühzeitigeren Einsatz der einfach durchzuführenden und mit einer geringen Strahlenexposition verbundenen (effektive Dosis 2,3 mSv) Untersuchung [8] hätten schon frühzeitig die Weichen hin zu einem adäquaten weiteren diagnostischen und / oder therapeutischen Vorgehen gestellt werden und somit dem Patienten(-in) zusätzliche unnötige und mit einer möglichen weiteren und insgesamt dann vielleicht höheren Strahlenbelastung verbundenen Untersuchungen erspart bleiben können [7]. Zudem ist ein frühzeitiger Einsatz der Leberfunktionsszintigrafie gerade vor dem heutzutage immer wichtiger werdenden Aspekt der Gesundheitsökonomie eine sinnvolle diagnostische Option. Sowohl die direkten Kosten der Szintigrafie im Vergleich zu CT oder MRT, als auch die indirekten Kosten durch zusätzliche diagnostische Maßnahmen sprechen für ein solches Vorgehen [7]. Auch die Tatsache, dass diese Untersuchung heutzutage in Deutschland eher selten angefordert wird, kann nicht herangezogen werden, um hieraus eine geringe diagnostische Wertigkeit oder Effizienz abzuleiten. Vielmehr sollten die genannten Daten und Aspekte Anlass bieten, dieses durch eine hohen Treffsicherheit ausgezeichnete, nicht-invasive, kostengünstige und einfach durchzuführende Verfahren häufiger und vor allem frühzeitig in die diagnostische Kaskade intrahepatischer Raumforderungen und Läsionen einzubinden und ihm hierbei auch gerade auch im Vergleich zu morphologischen Verfahren wie CT und MRT einen entsprechenden Stellenwert einzuräumen.

In Bezug auf die 18FDG-PET, für die eine Vielzahl von Daten vor allem zum Nachweis hepatischer Metastasen aber auch von Primärtumoren der Leber vorliegen, konnten Abdel-Nabi et al. 1998 bzw. 1999 zeigen, dass bereits der unimodale Einsatz der PET eine deutlich höhere Sensitivität (88 vs. 38 %), bei leicht höherer Spezifität (100 vs. 97 %), zur Diagnose hepatischer Metastasen hat als die CT [9] [10]. In einer großen Metaanalyse zum Nachweis kolorektaler Lebermetastasen aus dem Jahr 2005, in die 61 Studien eingeschlossen werden konnten, zeigte die Datenauswertung auf einer „pro Patienten-Basis”, dass die PET mit einer Sensitivität von 94,6 % deutlich vor der MRT (1,5 T; 75,8 %) sowie dem Spiral- bzw. Nicht-Spiral CT (64,7 bzw. 60,2 %) lag und somit die genaueste Untersuchungsmodalität war [11]. Auch bei einer „pro Läsionen-Basis” wurde die höchste Sensitivität für die FDG-PET nachgewiesen [75,9 %; Nicht-Spiral-CT (52,3 %); Spiral-CT (63,8 %); MRT 1,0-T (66,1 %); MRT 1,5-T (64,4 %)] [11]. In einer weiteren Metaanalyse von Wiering et al. aus dem Jahr 2005 konnte ebenfalls eine höhere Sensitivität und Spezifität der PET (88,0 und 96,1 %) beim Nachweis kolorektaler Lebermetastasen gegenüber der CT (Sensitivität: 82,7 %; Spezifität: 84,1 %) gezeigt werden [12]. Antoch et al. konnten darüber hinaus für die bimodale PET / CT (Sensitivität 95 % und Spezifität 97 %) eine gegenüber der alleinigen PET (81 und 98 %) und CT (86 und 95 %) nochmals gesteigerte Sensitivität bei ähnlich hoher Spezifität beim M-Staging der Leber zeigen, was den weiteren diagnostischen Zugewinn durch die Kombination funktioneller und morphologischer Bildgebung bei der PET / CT-Technik unterstreicht [13].

Umgekehrt zeigte sich die PET mit FDG der CT bei der Detektion bzw. dem Staging des hepatozellulären Karzinoms (HCC) mit einer Sensitivität von < 60 % unterlegen, sodass ihr derzeit bei der Primärdiagnostik des HCC's nur eine geringe Rolle zukommt [14] [15] [16] [17]. Eine gewisse Bedeutung könnte die PET hingegen bei der Dignitätsbeurteilung erlangen, da die FDG-Speicherung in Abhängigkeit vom Grad der Entdifferenzierung zunimmt, was in einer Studie von Trojan et al. durch einen Anstieg der Sensitivität der PET beim moderat bis schlecht differenzierten HCC bis auf 88 % bestätigt werden konnte [14] [15] [16]. Eine ähnlich hohe Sensitivität von 87,3 % wurde beim Nachweis eines HCCs für die 11C-Azetat-PET gezeigt [18]. In einer kleinen Serie mit 12 Patienten konnte zudem eine sehr hohe Detektionsrate beim HCC für die 18Fluorcholin-PET / CT gezeigt werden. In dieser „Proof-of-concept”-Studie wurden bei allen eingeschlossen Patienten sowohl neu aufgetretene als auch rezidivierende HCCs mit 18Fluorcholin nachgewiesen, während in einer Subgruppe von 9 Patienten, bei denen eine 18Fluorcholin- und eine 18FDG-PET / CT durchgeführt wurde, lediglich die Hälfte der HCCs durch die 18FDG-PET / CT festgestellt werden konnte [19].

Zusammenfassend kann daher gesagt werden, dass sich die derzeit zur Verfügung stehenden Daten zur PET bzw. PET / CT zum Nachweis bzw. Ausschluss hepatischer Metastasen der morphologischen Leberbildgebung bei diesem Krankheitsbild zumindest ebenbürtig bzw. größtenteils sogar überlegen zeigen. Zumindest beim Nachweis hepatischer Metastasen wäre in der vorliegenden Übersichtsarbeit zur modernen Leberdiagnostik ein Verweis auf die PET / (CT) unerlässlich gewesen. Zudem hätte der Einsatz der PET / CT mit neueren und viel versprechenden Radiopharmazeutika bei der Primär- bzw. Rezidivdiagnostik primär maligner Lebertumore im Vergleich zu CT und MRT, bei eingeschränkter Bedeutung der 18FDG-PET / CT, diskutiert werden sollen.

Literatur

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Dr. med. J. Bucerius

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