Notfall & Hausarztmedizin 2007; 33(12): 601
DOI: 10.1055/s-2007-1022647
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Alternative zur Operation - Medikamentöse Primärtherapie der Akromegalie

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Publication Date:
21 January 2008 (online)

 

Akromegalie ist selten. Kalkulierte Daten für Deutschland weisen auf eine Prävalenz zwischen 3 000 und 6 000 Patienten hin. Möglicherweise liegt die Zahl aber 20-fach höher, wie die "Diabetes Cardiovascular Risk Evaluation Targets and Essential Data for Commitment and Treatment"(DETECT)-Studie nun zeigte. Sie untersuchte die IGF-I-Spiegel in Blutproben von 6 773 Patienten bei 3 188 Hausärzten. Bei 125 Patienten waren die IGF-I-Spiegel erhöht, bei sieben Patienten wurde eine Akromegalie festgestellt. "Nach diesen Ergebnissen betreut im Durchschnitt jeder Hausarzt einen Patienten mit noch nicht diagnostizierter Akromegalie", kommentierte Prof. Günter Stalla, München. Früherkennung sei jedoch wichtig, ergänzte Prof. Hans-Jürgen Quabbe, Berlin. Denn unbehandelt liegt die Lebenserwartung der Patienten aufgrund von Komplikationen wie Diabetes oder Herzerkrankungen zehn Jahre unterhalb des Durchschnitts.

Therapie der Wahl ist die operative Entfernung des Hypophysenadenoms. Bei unzureichendem Erfolg oder Rezidivierung wird medikamentös mit einem Somatostatin-Analogon wie Octreotid (Sandostatin®LAR®) behandelt. "Die Therapie mit einem Somatostatin-Analogon kommt unter bestimmten Umständen auch als Primärtherapie in Betracht", so Prof. Stalla. Aktuelle Studien zeigen, dass bei knapp der Hälfte der Patienten eine Primärtherapie mit Octreotid zum Erfolg führt - das heißt zu einer anhaltenden Suppression erhöhter GH- und IGF-I-Werte und einer deutlichen Verbesserung klinischer Symptome wie Kopfschmerzen, Schwitzen, Müdigkeit, Karpaltunnelsyndrom oder Parästhesien. Auch das Tumorvolumen reduzierte sich bei zwei Drittel der Patienten. Eine randomisierte direkte Vergleichsstudie (n = 104) kam zu dem Ergebnis, dass die medikamentöse Therapie ebenso wirksam ist wie die Hypophysenchirurgie. Laut Quabbe kommt die medikamentöse Primärtherapie in Frage, wenn mit der Operation keine Heilung erreicht werden kann, etwa weil das Adenom nicht komplett operabel ist, wenn der Patient die Operation ablehnt oder aufgrund von Begleiterkrankungen nicht operiert werden kann. Aber auch, wenn eine intakte Hypophysenvorderlappenfunktion erhalten werden soll. Lässt sich mittels Operation und Somatostatin-Analogon die Akromegalie nicht ausreichend kontrollieren, kommen zusätzlich Dopaminagonisten und GH-Rezeptorantagonisten in Betracht. Die derzeit laufende PHOENIX-Studie untersucht beide Kombinationstherapieansätze.

Dr. Beate Fessler, München

Quelle: Experten im Dialog: "Akromegalie heute - ein unterschätztes Phänomen?", September 2007 in München. Veranstalter: Novartis Oncology

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