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DOI: 10.1055/s-2007-1019581
The β-Carbolines (Harmanes) - A New Class of Endogenous Compounds:
Their relevance for the pathogenesis and treatment of psychiatric and neurological diseasesDie β-Carboline (Harmane) - Eine neue Gruppe endogener Verbindungen.Ihre Bedeutung für die Pathogenese und Behandlung psychiatrischer und neurologischer ErkrankungenPublikationsverlauf
Publikationsdatum:
13. März 2008 (online)

Abstract
Research in neurochemistry is occupied with attempting to discover the mechanisms
of the transfer of information by neurotransmitters in the central nervous system
(CNS). In this context certain derivatives of the biogenic amines have come under
increased scrutiny. Especially their relevance for pathological processes plays a
major role in this discussion. In principle such derivatives may elicit or exacerbate
abnormal reactions. On the other hand they may act as protective substances.
The present review deals mainly with the β-carbolines which are derivatives of indolealkylamines
(e.g. serotonin, tryptamine). These substances can be found in several organs of humans
and animals. Their possible significance for schizophrenic psychoses, depressive illnesses,
behavioural changes following alcohol consumption and withdrawal delirium as well
as for Morbus Parkinson is discussed. Furthermore, findings are presented about their
interference with the benzodiazepine binding site.
Compared with the phenothiazines the β-carbolines display similar effects with respect
to motor activity. They induce hypokinesia and tremor. Like reserpine, they block
the transport of biogenic amines into the synaptic vesicles. In experimental clinical
studies it was found that β-carbolines induce autistic tendencies. Furthermore, hallucinations,
mostly visual ones which are usually not mistaken for reality, euphoric mood changes,
and aggressive behaviour are reported.
Compared with the thymoleptics, the β-carbolines act in a similar manner as they
react agonistically to serotonin at the synaptic level.
The concentration of certain β-carbolines is increased following ingestion of ethanol.
The convulsions in the course of chronic alcoholism and withdrawal may be correlated
with a β-carboline (harmane) which lowers the threshold for seizures. In humans a
similarity of the effects of β-carbolines to some symptoms of ethanol intoxication
and delirium tremens can be demonstrated.
β-carbolines display a high affinity towards the benzodiazepine binding site on neuronal
membranes. There is now good evidence for β-carbolines as endogenous ligands at the
benzodiazepine binding site. A correlation exists between the convulsive potency of
β-carbolines and their affinity to the benzodiazepine binding site. Thus, β-carbolines
act in an antagonistic manner to the benzodiazepines.
In conclusion, the β-carbolines can be regarded as a group of compounds with a broad
spectrum of activity differing from substance to substance. Their significance for
physiological and pathological processes can be elaborated only by investigating the
effects of individual compounds. This is of particular importance in the discussion
of subtile psychic changes. Using this approach may permit us to answer the question
as to whether they play a protective or pathogenic role, or both.
Zusammenfassung
Die neurochemische Forschung bemüht sich intensiv um die Aufklärung der Mechanismen
der Informationsübertragung im ZNS durch Neurotransmitter. Dabei rücken Abkömmlinge
der biogenen Amine immer mehr in den Vordergrund des Interesses. Speziell interessiert
die Frage, welche Rolle ihnen bei pathologischen Prozessen zukommt. Grundsätzlich
könnten solche Abkömmlinge abnorme Reaktionen auslösen oder verschlimmern. Andererseits
könnten sie als physiologische Stoffe auch eine Schutzwirkung ausüben.
In der vorliegenden Arbeit wird ein Überblick über bisher bekannte, neurochemische,
pharmakologische und klinische Effekte von Neurotransmittern und ihren Abkömmlingen
gegeben. Ausführlich werden die Wirkungen der ß-Carboline, bei denen es sich um in
der Pflanzenwelt weitverbreitete Substanzen (Harmalaalkaloide, Reserpin, Yohimbin)
handelt, und die auch in Organen des Menschen und einiger Tiere nachgewiesen wurden,
dargestellt. Die letzteren sind Abkömmlinge der Indolalkylamine, zu denen beispielsweise
Serotonin und Tryptamin gehören. Insbesondere wird auf ihre mögliche Bedeutung für
schizophrene Psychosen, depressive Erkrankungen, Verhaltensänderungen nach Alkoholgenuß
und im Alkoholdelir, dem Morbus Parkinson sowie ihre Beziehung zum ,,Benzodiazepinrezeptor"
eingegangen. Ihre aus Selbstversuchen bekannten klinischen Wirkungen werden in Beziehung
zu Ergebnissen biochemischer und pharmakologischer Untersuchungen gebracht.
Im Vergleich mit den Phenothiazinen zeigen die ß-Carboline eine gleichsinnige Wirkung
auf die Motorik in Richtung auf eine Hypokinese und Tremor. Mit Reserpin haben sie
gemeinsam, daß sie den Transport von biogenen Aminen in die Vesikel der Synapsen blockieren.
Auf der psychopathologischen Ebene kommt es unter β-Carbolinen zu Abschirmungstendenzen,
einer Distanzierung vom eigenen Erleben bis hin zur Ich-Spaltung, zu Halluzinationen
sowie zu euphorischer Stimmungsveränderung und aggressivem Verhalten. Die β-Carboline
zeigen ähnliche Effekte wie die Antidepressiva insofern als sie die Serotoninwirkung
im Bereich der Synapse fördern.
β-Carboline treten im Organismus vermehrt nach Äthylalkoholaufnahme auf. Die bei
chronischem Alkoholismus und Alkoholentzug auftretenden Krämpfe können in einen Zusammenhang
mit einem β-Carbolin (Harman) gebracht werden, das nachgewiesenermaßen die Krampfschwelle
senkt. Beim Menschen zeigt sich eine Ähnlichkeit der Wirkung von β-Carbolinen mit
einigen Symptomen des Alkoholrausches und des Alkoholdelirs.
β-Carboline haben eine hohe Affinität zur Benzodiazepinbindungsstelle an neuronalen
Membranen. Es gibt deutliche Hinweise darauf, daß der endogene Ligand des ,,Benzodiazepinrezeptors"
ein β-Carbolin ist. Es besteht eine strukturabhängige Korrelation zwischen der Affinität
der β-Carboline zum ,,Benzodiazepinrezeptor" und ihrer konvulsiven Potenz. Die β-Carboline
wirken demnach gegensinnig zu den Benzodiazepinen an dieser Bindungsstelle.
Insgesamt stellen die β-Carboline eine Gruppe von Verbindungen mit einem breiten und für die einzelnen Vertreter unterschiedlichen Wirkungsspektrum dar. Ihre Bedeutung für physiologische und pathologische Prozesse kann nur bei differenzierter Beobachtung der einzelnen Substanzen eruiert werden, insbesondere wenn subtilere psychische Veränderungen in Frage stehen. In dieser Richtung dürfte sich auch das Problem lösen lassen, inwieweit ihnen eine kurative und/oder pathogene Rolle zukommt.