Aktuelle Neurologie 1998; 25(4): 127-132
DOI: 10.1055/s-2007-1017677
Neues aus der Neurologie

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Diagnostische Aussagekraft der Hirnstammreflexe

Diagnostic Validity of Brainstem ReflexesH. C. Hopf1 , G. Deuschl2
  • 1Neurologische Universitätsklinik, Mainz
  • 2Abteilung für Neurologie im Klinikum der Universität Kiel
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Publication Date:
30 January 2008 (online)

Zusammenfassung

Unter den im Hirnstamm verschalteten Reflexen ist heute der elektrisch ausgelöste Blinzelreflex in der Routinediagnostik fest etabliert. Versuche, über den visuellen oder akustischen Afferenzkanal Zusatzinformation zu gewinnen, sind auf singulare Studien beschränkt geblieben, sie können die spezifische Diagnostik mittels VEP und AEP nicht ersetzen. Ein interessanter neuer Ansatz bietet sich für die Differenzierung extrapyramidal-motorischer Krankheiten am Beispiel des Recovery-Index. Die größte lokalisatorische Verläßlichkeit kommt der R1-Komponente zu. Der Masseterreflex wird demgegenüber erst an wenigen Instituten genutzt, obwohl er in lokalisatorischer Hinsicht dem Blinzelreflex eher überlegen ist. In zunehmender Häufigkeit wird auch der Masseterhemmreflex klinisch eingesetzt; eine Einigung über standardisierte Auswerteverfahren könnte hier weiterhelfen. Bei peripheren Schädigungen der Hirnnerven bietet sich die Untersuchung der über die Hirnnerven ausgelösten Reflexe in vielen Fällen als Methode der Wahl an. Im Bewußtsein des Klinikers ist noch wenig verankert, dass Funktionsstörungen, wie sie durch Reflexveränderungen angezeigt werden, auch ohne in der Bildgebung darstellbare Strukturschädigung als sicherer Läsionshinweis gelten können. Gegenüber der Bildgebung haben Reflexuntersuchungen den Vorteil, praktisch beliebig wiederholbar zu sein, so dass sie ein ideales Maß für Verlaufskontrollen abgeben.

Summary

Among the brainstem reflexes, the electrically evoked blink reflex is now established as a routine diagnostic parameter. Utilising the visual and acoustic afferents did not yield substantial additional information, so that the evoked potentials (i.e. VEP and BAEP) remain the diagnostic tools of first choice. Interesting new results have been worked out concerning the recovery index of the R2 blink response in movement disorders. The R1 component is highly useful in localising lesions. On the other hand, to date the masseter reflex is used by only a small number of physicians although its efficacy in respect of localisation is superior to the blink reflex in several aspects. Functional disturbances are more clearly indicated by reflex abnormalities as compared to imaging studies. Reflex investigations are particularly useful in follow-up studies and can be applied repeatedly. There are special conditions, such as 3rd nerve palsy, in which brainstem reflex studies are strongly indicated.

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