Entsprechend der räumlichen Anordnung der Bogengänge im Innenohr sowie der zentralen
Verschaltung des vestibulo-okulären Reflexes (VOR) in 3 verschiedenen Raumebenen werden
zentral vestibuläre Syndrome nach Brandt klinisch folgendermaßen eingeteilt: Störungen
des VOR in der Horizontalebene führen zu horizontalem Nystagmus und horizontaler Blickdeviation,
Störungen des VOR in der Vertikalebene zu vertikalem Nystagmus und vertikaler Blickdeviation,
und Störungen des VOR in der Rollebene zu rotierendem Nystagmus und einer Ocular tilt
reaction (OTR). Einen deutschen Ausdruck für diese Störung gibt es nicht. Die OTR,
als klinisches Zeichen einer zentral-vestibulären Tonusdifferenz in der Roll-Ebene
setzt sich aus folgenden vier Komponenten zusammen: Kopfneigung, Abweichung der subjektiven
visuellen Vertikalen als sensitivstes Zeichen, Skew deviation (pränukleäre vertikale
Schielstellung) und Zykloduktion (gleichsinnige Bulbusverrollung). Die OTR stellt
ein häufiges Symptom bei Hirnstammläsionen dar und ist in der Regel mit weiteren zentralen
Okulomotorikstörungen kombiniert.
Anhand von Fallbeispielen soll auf Befunde mit Ocular tilt reaction sowie auf die
Differenzierung zu Trochlearis- und Okulomotoriusparese eingegangen werden. Dabei
stellt bereits die gezielte Anamnese nach Begleitsymptomen einen wichtigen diagnostischen
Schritt dar.