Klin Monbl Augenheilkd 2006; 223 - KV45
DOI: 10.1055/s-2006-954659

Chronische Stenotrophomonas-maltophilia-assoziierte Keratitis nach Tragen weicher Kontaktlinsen

C Grzibek 1, GIW Duncker 1, C Grünauer-Kloevekorn 1
  • 1Universitätsklinik und Poliklinik für Augenheilkunde Halle (Saale)

Hintergrund: Häufigste Ursachen einer akuten kontaktlinsenassoziierten Keratitis sind Infektionen mit Pseudomonas aeruginosa und Akanthamöben. Bisher gibt es in der Literatur nur wenige Berichte über chronische schwere Keratitiden, die mit dem Tragen weicher Kontaktlinsen verbunden waren. Fallvorstellung: Bei einer sechzehnjährigen Patientin, Trägerin weicher Kontaktlinsen, trat drei Monate vor der Erstvorstellung eine Hornhautentzündung auf. Nach anfänglicher Befundstabilität unter lokaler Antibiotikagabe mit einem Visus von 0,5 kam es nach ca. 6 Wochen zu einer zunehmenden Befundverschlechterung mit einem Visusabfall auf Handbewegungen. Wir sahen ein großes zentrales Hornhautulkus mit granulaartigen weißen Hornhautinfiltrationen sowie beginnende periphere Hornhautvaskularisationen. Nach anfänglicher konservativer Therapie ohne Befundbesserung erfolgte eine perforierende Keratoplastik. Ergebnisse: Die histologische Aufarbeitung zeigte eine ulzeröse Keratitis mit Granulationsgewebe sowie Darstellung kokkoider Bakterienformen. Bei beiden untersuchten Kontaktlinsen, aber nicht in der Aufbewahrungsflüssigkeit, wurde eine Besiedlung mit Stenotrophomonas maltophilia, ein gramnegatives Bakterium der Pseudomonasgruppe, nachgewiesen. Im Bindehaut- und Hornhautabstrich waren diese Keime nicht nachweisbar. Nach der perforierenden Keratoplastik und mit lokaler und systemischer Antibiose nach Antibiogramm kam es zu einer raschen Befundbesserung mit einem Visusanstieg auf 0,6 drei Monate nach perforierender Keratoplastik. Schlussfolgerungen: Neben der häufigeren Pseudomonas-aeruginosa-assoziierten akuten Keratitis können seltene pseudomonasartige Bakterien, wie Stenotrophomonas maltophilia, eine chronische Keratitis beim Kontaktlinsenträger hervorrufen. Es ist demzufolge auch bei chronischen Hornhautentzündungen ratsam, Kontaktlinsen als mögliche Ursache auszuschließen. Entscheidend war in unserem Fall die mikrobiologische Untersuchung des Kontaktlinsenmaterials, da die Keime sowohl im Bindehautabstrich als auch in der Kontaktlinsenflüssigkeit nicht nachweisbar waren. Stenotrophomonas maltophilia erweist sich oft als unempfindlich gegen solche Antibiotika, die gegen Pseudomonas aeruginosa wirksam sind, so dass hier die Diagnosestellung zur optimalen Therapieplanung rasch erfolgen sollte.