Aktuelle Neurologie 2006; 33 - P567
DOI: 10.1055/s-2006-953391

Kosten und Lebensqualität bei Multipler Sklerose. Eine Querschnittsanalyse in Deutschland

G. Kobelt 1, K. Berger 1, W. Elias 1, P. Flachenecker 1, M. Freidel 1, N. König 1, E. Straube 1, V. Limmroth 1
  • 1Speracedes, FR; München, Hamburg, Bad Wildbad, Kaltenkirchen, Berg, Hannover, Köln-Merheim

Eine Querschnittsstudie zum Ressourcenverbrauch, den Kosten und zur Lebensqualität (QoL) von Patienten mit Multipler Sklerose (MS) wurde in Deutschland durchgeführt.

Diese Studie ist Teil einer europaweiten Analyse zu den direkten medizinischen und nicht-medizinischen sowie indirekten Kosten.

Patienten aus 6 Zentren und eines MS-Panels nahmen an der deutschen Studie teil. Ein für diese Studie entwickelter Fragebogen wurde an 7.325 Patienten versandt. 2.793 Patienten füllten den Fragebogen aus (Rücklaufquote: 38%). Der Fragebogen erhob Informationen zu direkten, medizinischen und nicht-medizinischen sowie indirekten Kosten aufgrund von Arbeitsunfähigkeit, vorzeitiger Berentung, und Informationen zum Erkrankungsstatus. Die Lebensqualität wurde als Utility (Messung des Gesundheitszustandes auf einer Skala von 0=Tod u. vollständige Gesundheit=1) unter Verwendung des EQ-5D erhoben.

Das mittlere Alter der Befragten lag bei 45 Jahren (mittleres Alter zum Zeitpunkt der ersten Symptome: 32 Jahre; mittleres Alter zum Zeitpunkt der Diagnosestellung: 35 Jahre). Der mittlere EDSS-Score betrug 3,8. Die Lebensqualität (Utility) korrelierte mit dem EDSS. Der Utility-Mittelwert betrug 0,62, das ist signifikant niedriger als der Mittelwert in der Normalpopulation.

36,8% der Patienten waren vorzeitig berentet, 92,1% aufgrund ihrer MS. Das mittlere Alter zum Zeitpunkt der Berentung betrug 40,3 Jahre. Patienten, die in einem Arbeitsverhältnis standen, waren zu einem Viertel (23,8%) dazu gezwungen, ihre tägliche Arbeitszeit zu reduzieren, was zu erheblichen Einkommensverlusten führte.

Die Kosten und die Lebensqualität korrelierten signifikant mit den EDSS-Graden: Der Mittelwert der jährlichen Gesamtkosten pro Patient stieg von 18.450 Euro bei den niedrigsten EDSS-Graden (0–1) auf 70.590 Euro bei einem EDSS von 8–9. Umgekehrt sank die Utility von 0,9 bei einem EDSS von 0–1 auf 0,01 bei einem EDSS von 8–9. Schübe erhöhen die Kosten um ca. 3.000 Euro innerhalb von 3 Monaten und reduzieren die Utility um ca. 0,1 bei Patienten mit einem EDSS unter 5.

Die Studie zeigt, dass die MS erhebliche volkswirtschaftliche Kosten verursacht, die mit zunehmendem Behinderungsgrad ansteigen. MS-Präparate, die eine gute Vorbeugung vor Schüben und eine Stabilisierung auf einem niedrigen EDSS-Grad zeigen, können nicht nur dem Patienten sondern auch der Gesellschaft Vorteile bringen, da damit die Lebensqualität erhöht und gleichzeitig langfristig krankheitsbedingte Kosten gesenkt würden.